11 Januar 2013

Maria-Sibylla Lotter - Scham, Schuld, Verantwortung - Lesen macht klug und schoen 878

Ein innovativer Zugang zu ethischen Fragen:
Maria-Sibylla Lotter - Scham, Schuld, Verantwortung - 
Über die kulturellen Grundlagen der Moral
Sachbuch

Scham, Schuld, Verantwortung

suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2016, Broschur, 344 Seiten
ISBN: 978-3-518-29616-5
15,00 €
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Was macht aus Menschen moralische Personen? 
Wie entstehen die spezifischen Verhältnisse, in denen Phänomene wie Schuld, Scham, Verantwortung und Respekt auftreten? 
Und warum fühlen wir uns oft so fremd in unserem Selbstverständnis – 
warum ist es so schwierig, unsere eigenen Verhältnisse mit unseren moralischen Begriffen und philosophischen Theorien zu verstehen? 

Auf den ersten Blick sind das aussichtslose Fragen, denn das moralische Leben gründet nicht auf moralphilosophischen Argumenten. 
Es entwickelt sich vielmehr in sozialen Praktiken und kulturellen Lebensformen, die nicht auf Theorien reduziert werden können. 

Maria-Sibylla Lotter greift auf einschlägige ethnologische Forschungen unterschiedlicher Lebensformen zurück und bringt sie mit dem moralphilosophischen Diskurs ins Gespräch. 
So eröffnet sich ein innovativer Zugang zu ethischen Fragen.






Portrait_Lotter
Maria-Sibylla Lotter studierte in Freiburg, Berlin und St.Louis unter anderem Philosophie, Religionswissenschaft und Ethnologie. Von 1989 bis 1999 lehrte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Berlin und Heidelberg. Anschließend arbeitete sie im Rahmen eines Habilitationsstipendiums der DFG an einer interdisziplinären Studie über Verantwortung und Personalität in kulturellen Kontexten und lehrte an verschiedenen Universitäten in Deutschland und der Schweiz, zur Zeit als Privatdozentin für Praktische Philosophie an der Universität Zürich.


Presse:

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.01.2013
Geschickt, wie die Autorin das macht, findet Andreas Cremonini, der sich beim Lesen des Buches unversehens von Maria-Sibylla Lotters synkretistischer Methodik mit fremder Moral konfrontiert sieht und daraufhin seine eigenen, möglicherweise utilitaristisch bzw. Kantisch geprägten Moralvorstellungen überprüfen muss. Das gefällt dem Rezensenten, zumal Lotter nicht nur auf die Verzerrung der Wahrnehmung fremder moralischer Begriffe und Praktiken hinweist, sondern auch unsere eigenen Moralkonzepte als oft bloß gedachte überführt, die sich praktisch schlecht umsetzen lassen. Die konkreten Fallbeispiele fremder Moral, anhand derer Lotter den Rezensenten durch die Themenkomplexe Scham, Schuld, Verantwortung führt, eröffnen Cremonini hingegen eine irritierende Vielfalt moralischer Praxis.


Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.01.2013
Klaus Günther enthält sich jedes wertenden Urteils über Maria-Sybilla Lotters Studie über "Scham, Schuld, Verantwortung", aber der angeregte Ton, in dem er ihre Thesen referiert, verrät, dass es eine lohnende Lektüre gewesen sein muss. Schon allein weil die Autorin nicht den Fehler macht, ihre Untersuchung über die Bedingungen für Verantwortlichkeit in verschiedenen Zeiten und Kulturen entweder einen Relativismus münden zu lassen, nach dem jede Kultur und jede Epoche ihre eigenen Konzepte von Verantwortlichkeit hervorbringt, noch einen universalistischen Konsens zu konstruieren, so der Rezensent. Stattdessen untersuche Lotter differenziert Einzelfälle, schildere Beispiele und stelle Gemeinsamkeiten fest, ohne die Differenzen zu verleugnen.


Frau Lotter schreibt gut lesbar und dabei mit wissenschaftlichem Anspruch (sehr viele Fußnoten, umfangreiches Literaturverzeichnis), ganz toll! Mit großer Sympathie habe ich ihre Gedankengänge verfolgt, besonders etwa auch ihre Analyse der Scham als grundlegend für die Bildung eines moralischen Selbstbewusstseins (also im Gegensatz zu Theorien, die das moralische Bewusstsein allein auf autonomes Kopfdenken festlegen wollen).Das Buch hat mir viele interessante, abseits des Konventionellen liegende Aspekte des Moralischen näher ins Bewusstsein gerückt – und das Buch hat mich obendrein noch gut unterhalten. http://philosophisch-ethische-rezensionen.de/rezension/Lotter1.html

laut Frau Lotter ist die normative Identität nicht einfach mit der bewussten Selbstbeschreibung identisch. Oft kann sich hier ein emotionaler Widerstand gegen ein konventionelles Bewusstsein zeigen. Es kann sich also um eine Äußerung einer inneren moralischen Auseinandersetzung handeln, um ein vages Bewusstsein ungeklärter moralischer Probleme. Schamgefühle können also auch Ausdruck von moralischen Skrupeln gegenüber von Regeln des unmittelbaren sozialen Umfeldes sein. Dann sind sie Anzeichen von inneren Widerständen gegen Lebenslügen und können einen moralischen Lernprozess des Schambetroffenen auslösen in dem er dazu animiert wird, das eigene Selbstbild zu hinterfragen und aus dem Prozess womöglich als veränderte Person hervorzugehen. Auch das Beispiel vorbildlicher Menschen kann Scham an eigenen Verhältnissen auslösen und zu einer Verhaltensänderung führen. http://philosophisch-ethische-rezensionen.de/rezension/Themen/Lotter1.html


Zitat zum daily book heute: 



Ehe und Prostitution sind individuelle Erfahrungen, aber gleichzeitig Institutionen. Sie sind, genau besehen, die Hauptinstitutionen , durch welche Sex vermittelt wird und in welchen sexuelle Sklaverei praktiziert wird. (Kathleen Barry, amerk. Soziologin, Autorin, 1979)


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