Jeanette Winterson - Die steinernen Götter
Roman
Berlin Verlag
ISBN-13 9783827009500
22,00 EUR
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Eine Liebesgeschichte, die Tabus bricht, und eine verstörende Schilderung unserer Zivilisation — sprachlich virtuos und mit schier unerschöpflicher Phantasie sprengt Jeanette Winterson in ihrem Roman die Grenzen von Raum und Zeit.
Botox war gestern. In Jeannette Wintersons schöner neuer Welt lässt man sich genfixieren. Frauen selten über 30, Männer oft kurz vor 40 und falls man beim eigenen Partner eine Vorliebe für junge Mädchen entdeckt, gibt es die Rückfixierung, notfalls auf 12 Jahre.
Die Ewigkeit ist Gegenwart geworden in Die steinernen Götter, der Traum von unvergänglicher Jugend Realität. Nur der geschundene Planet gibt Anzeichen, dem Jahrtausende währenden Raubbau einer immer rücksichtsloseren Menschheit nicht länger Stand zu halten.
Mit hemmungslos verspielter Phantasie und Scharfsinn entwirft Jeannette Winterson eine nicht allzu fern liegende Zukunftswelt, deren Trostlosigkeit erschreckend ist, doch sie wäre nicht Jeanette Winterson, wenn sie Zerstörung und Leere nicht eine ihrer leidenschaftlichen, idealistischen Heldinnen entgegensetzte. Billie, die sich der Fixierung widersetzt, dem Altern stellt und die alles besiegende Kraft der Liebe entdeckt. Eindringlich erzählt Jeanette Winterson vom Verschwinden der Welt und vom Bleiben der Liebe.
Aus dem Englischen von Monika Schmalz.
Jeanette Winterson ,1959 in Lancashire geboren, lebt als freie Schriftstellerin in London. 1985 erhielt sie für ihren ersten Roman "Orangen sind nicht die einzige Frucht" den Whitbread Award; ihr Roman "Verlangen" wurde 1987 mit dem John Llewellyn Rhys Preis, "Das Geschlecht der Kirsche" 1989 mit dem E.M. Forster Award der American Academy for Arts and Letters ausgezeichnet. Ihr Roman "Auf den Körper geschrieben" wurde in sechzehn Sprachen übersetzt.
Für ihr literarisches Schaffen wurde sie vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Whitbread Award und dem E. M. Foster Award der American Academy for Arts and Letters. Im Berlin Verlag erschienen Der Leuchtturmwärter (2006), Auf den Körper geschrieben (2006), Das Geschlecht der Kirschen (BvT 2006), Die Last der Welt (2005), Das Powerbook (2001; BvT 2003), Verlangen (BvT 2002), Orangen sind nicht die einzige Frucht (BvT 2002), In dieser Welt und anderswo (2000), Kunst und Lügen (2000) und Das Schwesternuniversum (1998; BvT 2004). Jeanette Winterson lebt als freie Schriftstellerin in London. http://www.jeanettewinterson.com/pages/content/index.asp?PageID=471
Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.05.2012
Jeanette Winterson verwahrt sich gegen die Etikettierung ihres Romans "Die steinernen Götter" als Science-Fiction, doch Thomas Leuchtenmüller argumentiert in seiner Rezension, dass es sich dennoch um einen Science-Fiction-Roman handelt - und zwar um einen nur mäßig gelungenen. Ihr Bemühen, sich der Gattungszuschreibung zu entziehen, offenbare dieselbe "inhaltlich und ästhetisch verwirrende Unentschiedenheit", mit der Winterson in "Die steinernen Götter" versuche, zu viele disparate Elemente unter einen Hut zu bringen. Ausführlich nennt der Rezensent Publikationen der letzten Jahre, die einzelne Aspekte des Romans überzeugender darzustellen vermögen. Nur die etlichen eingestreuten "Oneliners" erinnern ihn an Wintersons außergewöhnliches Formulierungstalent und lassen ihn hoffen, dass sie dafür beim nächsten Mal wieder einen geeigneteren Rahmen finden möge.
«Die steinernen Götter» von Jeanette Winterson - DRS Beste Buecher
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Science Fiction? «Nun ja, es ist Fiktion, es hat Wissenschaft drin und spielt (meist) in der Zukunft, aber Labels sind bedeutungslos», sagt Jeanette Winterson über ihren Roman «Die steinernen Götter».
Winterson zählt seit ihrem ersten Roman «Oranges Are Not the Only Fruit» von 1985 zu den wichtigsten englischen Autorinnen.
Der Roman «Die steinernen Götter» spielt auf dem erdähnlichen Planet Orbus, der vom Ökokolaps bedroht ist, auf einem bewohnbaren blauen Planeten und auf den Osterinseln im 18. Jahrhundert. Unser Guide durch den Roman ist Billie Crusoe, alias Billy, der sich im Unterschied zu seinen Zeitgenossen weigert, genfixiert zu werden, das heisst, ewig jung zu bleiben. An seiner Beziehung zum Roboter Spike handelt Winterson grundlegende Fragen ab: Wie definieren wir, was menschlich und was Liebe ist?
Interview
Haben Sie schon immer geschrieben? Wann haben Sie mit dem Schreiben begonnen und was haben Sie geschrieben?
Ich glaube, ich habe schon angefangen zu schreiben, noch bevor ich überhaupt lesen konnte, denn ich wollte Predigten verfassen. Ich wurde von einem Verlangen geleitet, andere zu mahnen und Menschen zu transformieren, und so bin ich wohl noch heute - abgesehen davon, dass ich mich heutzutage um der Kunst willen damit befasse und damals für Gott. Von pentecostalischen Evangelen aufgezogen zu werden heißt, dass es einen enormen Ansporn gibt, hinauszugehen und einen Unterschied zu machen, und ich glaube, Literatur macht einen Unterschied. Ich glaube, das ist der Sinn der Literatur – Räume zu öffnen in einer geschlossenen Welt, und für mich ist ein natürlicher Fortschritt, der vielleicht bizarr klingt – von den damaligen Tagen des Predigens zu den heutigen, in denen ich versuche, die Menschen dazu zu bringen, Gegenstände und Ereignisse erfindungsreich zu sehen.
Wenn Sie schon geschrieben haben, bevor sie lesen konnten, schreiben Sie noch immer, um die Welt lesen zu können?
Ja. Ich schreibe, damit ich etwas zu lesen habe, aber ich schreibe auch, damit ich mir selber die Welt erklären kann. Dies ist möglich, weil man beim Schreiben zu einer dritten Person wird – zu etwas, das von einem selbst separiert ist. Es bin nicht länger ich, obwohl ja alles von mir kommt, und wenn es zu mir zurückkommt, erklärt es mir bestimmte Begebenheiten. Es erklärt mir die Welt und es erklärt mir, wer ich eigentlich bin. Bücher sind immer intelligenter als ihre Autoren. Sie beinhalten stets mehr, als der Schriftsteller hineinlegen wollte – zumindest sollten sie dies erreichen – ansonsten werden sie eher formelhaft. Ich nehme an, das Schreiben von Schulbüchern beinhaltet einzig, was tatsächlich zu Papier gebracht wird, und daher sind sie so langweilig.
Zweite Chance für die Menschheit - Jeanette Winterson: "Die steinernen Götter", Berlin Verlag 2011, 270 Seiten - Wintersons Roman entfaltet die Vision einer Welt, die vom unmittelbaren Kollaps bedroht ist, denn die Ressourcen sind aufgebraucht. Da wird ein neuer Planet entdeckt, der eine für Menschen lebbare Atmosphäre besitzt. Alles ist mit allem verbunden - das erinnert an vormoderne Vorstellungen vom Kosmos und zugleich an Zeitreisegeschichten des 20. Jahrhunderts. Was für ein merkwürdig metaphysisch-deterministischer Schluss dieses verwirrenden Romans. Alles wiederholt sich. Menschen mögen sich nach einem friedvollen Leben in Glück und Schönheit sehnen - sie werden es immer wieder zerstören. Das ist die desillusionierte Botschaft. Und zugleich werden der unzerstörbare Überlebenswillen und das Leben gepriesen. Und zu guter Letzt - "Matrix" lässt grüßen -, alles ist (eine) Geschichte, nur dass man nicht weiß, wer sie erzählt. Besprochen von Gertrud Lehnert dradio
Eine meisterhaft erzählte, poetische Geschichte vom Verschwinden der Welt und vom Bleiben der Liebe. Absolut empfehlenswert! http://www.gay-and-lesbianbooks.de/vmchk/Winterson-Jeannette/267-Unterhaltung/1258824161-Die-steinernen-Goetter.html
Der Roman »Die steinernen Götter« von Jeanette Winterson belebt das Genre der dystopischen Literatur neu. VON JOSEFINE HAUBOLD - Wenn die negativen Utopien ihre Sprengkraft vor allem aus der Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung beziehen, dann ist Winterson mit »Die steinernen Götter« eine mitunter etwas konventionelle, aber vor allem wegen ihrer Aktualität beklemmend gelungene Neudefinition dieses totgesagten Genres gelungen. http://jungle-world.com/artikel/2011/18/43148.html
AVIVA-Fazit: Der Klappentext verspricht den Lesenden "eine Liebesgeschichte, die Tabus bricht". Dies kann das Buch nicht einlösen. Beziehungen zwischen Menschen und Robotern, darüber, was menschlich und was Liebe ist, wurden schon oft erzählt. Winterson bediente sich überdies ausgiebig an den Ideen der Klassiker pessimistischer Zukunftsvisionen: die ständige Überwachung der ersten Episode scheint dem Alptraum namens "1984" entlehnt, ihre zur seichten Bedeutungslosigkeit geronnene sexuelle Freiheit erinnert an "Brave New World", die Nichtexistenz von Büchern an "Fahrenheit 451". Aber was will sie mitteilen? Dass die Menschheit sich und den Planeten zugrunde richten wird, ganz gleich, welchen Weg sie einschlägt? Dass wir immer neue Wege finden werden, uns gegenseitig zu töten? Die Binsenweisheit, dass nur die Liebe uns erlösen kann? Offene Fragen und unaufgelöste Widersprüche machten einen großen Reiz von Wintersons bisherigen Werken aus....
In diesem Science-Fiction-Roman geht es vor allem um die Frage, ob der Mensch sein Verhalten gegenüber der Welt verändern würde, wenn er eine zweite Chance auf einem neuen Planeten erhält. Denn in Jeanettes Wintersons düsterer Zukunftsversion braucht kein Mensch mehr zu altern, doch dafür stirbt der Planet. Hauptprotagonistin Billy widersetzt sich dem System das Altern anzuhalten und flieht mit einem weiblichen Robosapiens, die gerade einen neuen blauen Planeten entdeckt hat. Trotz ungewisser Zukunft verliebt sich Billy in die Roboterfrau, doch kann diese lernfähige Supermaschine auch Gefühle entwickeln? Poetisch und wortgewaltig schön wirft Jeanette Winterson die Frage auf, was es bedeutet Mensch zu sein und erzählt von einer Liebe, die über das Leben hinaus weitergeht. http://www.lesben.org/neuigkeiten/neue-buecher-2011/10199-winterson-jeanette-die-steinernen-goetter.html
Bei aller Märchenhaftigkeit der Erzählung wird diese Konstante der Menschheitsgeschichte doch so klar und einleuchtend vorgeführt, dass die Geschichte immer glaubhafter erscheint. Das liegt natürlich auch daran, dass die Details der Schilderung so brillant und in sich stimmig angelegt sind, »Die steinernen Götter« ist auch eine schneidende Kritik gegenwärtiger gesellschaftlicher Entwicklungen. Doch die beeindruckende Überzeugungskraft der Kernaussage des Romans, dass wir grundsätzlich und immer schon unsere sozialen Systeme ruinös und zerstörerisch anlegen, ist zweifellos dem Kunstgriff geschuldet, mit dem Jeanette Winterson uns sogar glauben macht, wir Menschen selbst hätten vor Millionen von Jahren den Asteroiden auf die Erde schlagen lassen – und damit habe alle Umweltzerstörung bereits angefangen. Mit dieser kühnen und areligiösen Neuinterpretation der Ursünde lässt man sich nicht nur gern einen Roman lang an der Nase herum führen. Jeanette Winterson schafft es auch, dem Konzept der mythologischen Erklärung überhaupt neue und erfrischende Plausibilität zu verleihen. (Veit empfiehlt, Sommer Katalog 2011) http://www.loewenherz.at/index_lw_nr.php?LWNR=7868
Zu Recht fühlt sich der Leser an literarische Monstren wie „Schöne neue Welt“ oder „1984“ erinnert. Doch Wintersons Werk ist weniger ein Roman als ein Appell – voll verzweifelter Sehnsucht und Skurrilität, gerichtet gegen Konsumhirnlosigkeit und Egobestätigung. Ein Plädoyer für mehr Behutsamkeit und Bedachtsamkeit. „Allem ist für immer eingeschrieben, was es einmal war“, schließt die Autorin. Es gibt kein Vergessen unserer Schuld. Die Aufholjagd, um sie zu sühnen, hat begonnen.
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