02 Oktober 2012

Sofi Oksanen - Stalins Kühe - Lesen macht klug und schoen 787

Ein furioser Roman über ein in der Literatur nicht beachtetes Thema: 
Lesetermin vormerken: am 9.Oktober 2012 Saal um. 20 Uhr.Literaturhaus München:
Sofi Oksanen liest und Lillemors Frauenbuchladen macht den Büchertisch. 
(Lesung des deutschen Textes: Anna Thalbach)
Sofi Oksanen - Stalins Kühe
Roman



Kiepenheuer & Witsch
ISBN: 978-3-462-04374-7
Titel der Originalausgabe: Stalinin Lehmät
Euro (D) 22,99
hier bestellen (Ab 25€ ist der Versand kostenfrei)

Hörbuch Hamburg - 6 CDs, gekürzte Lesung
ca.19,99€
hier bestellen (Ab 25€ ist der Versand kostenfrei)

Anna hat alles im Griff. Sie dient einer »Herrin«, der Bulimie, denn es gibt nichts Wichtigeres für sie, als einen vollkommenen Körper zu besitzen und unangreifbar zu sein.

Annas Eltern trennen sich, als ihre Mutter Katariina herausfindet, dass ihr Mann sie betrügt. Sie, die Estin, verleugnet ihre Herkunft, weil sie weiß, welch schlechtes Ansehen Estinnen in Finnland haben – sie gelten als russische Huren, die es geschafft haben, durch Heirat nach Finnland zu entkommen. 
Aus Angst, dass ihrer Tochter die gleiche Verachtung zuteil wird wie ihr, darf diese die Sprache nicht lernen und keinem sagen, woher die Mutter stammt. Dabei fahren die beiden regelmäßig nach Estland, um die Familie zu unterstützen, die das Grauen der sowjetischen Arbeitslager kennenlernte und unter den Bespitzelungen und Erpressungen durch enge Vertraute litt. 

Während Anna um ihr Gewicht kämpft und lernen muss, dass sie wirklich krank ist und die anorektische Bulimie sie umbringen kann, erfährt der Leser die Hintergründe der Familiengeschichte, Ursache für Annas Leiden, die bis in die Zeit der Besetzung Estlands nach dem Zweiten Weltkrieg zurückreicht.

In brillanter Sprache, mit genauer Kenntnis der historischen Hintergründe und einer meisterhaften Komposition beweist Sofi Oksanen erneut, warum ihre Romane weltweit gefeiert werden.
Aus dem Finnischen von Angela Plöger




Sofi Oksanen

Sofi Oksanen, geboren 1977, Tochter einer estnischen Mutter und eines finnischen Vaters, studierte Dramaturgie an der Theaterakademie von Helsinki. Ihr dritter Roman, »Fegefeuer«, war monatelang Nummer eins der finnischen Bestsellerliste und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Finlandia-Preis sowie dem Literaturpreis des Nordischen Rates. Der Roman erschien in über vierzig Ländern. Sofi Oksanen ist verheiratet und lebt in Helsinki. http://www.facebook.com/pages/Sofi-Oksanen/15227080913
http://www.sofioksanen.com/biography/

Shortlisted for the The Runeberg Prize 2004
The Finlandia Award 2008
The Mika Waltari Award 2008
The SSKR/The Great Finnish Book Club Prize 2008
Christina of the Year (from theUniversity of Helsinki)2008
The Varjo-Runeberg Award 2008
The Kalevi Jäntti Prize 2008
The Varjo-Finlandia Award 2008
The Runeberg Prize 2009
The person of the year, Postimees-newspaper 2009
The Nordic Council Literature Prize 2010
The FNAC prize (Le Prix du roman Fnac) 2010
Prix Femina Ètranger 2010

http://de.wikipedia.org/wiki/Sofi_Oksanen

Zitat zum daily book: "Ich hatte das nicht groß geplant, eine Fliege in meine Geschichte einzubauen. Sie flog einfach hinein." 

"Ich bin inmitten der estnischen Geschichte aufgewachsen. Geschichte war allgegenwärtig im sowjetischen Estland. Allein wegen der Besatzung. Viele Menschen wussten doch nicht, was sich auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs befand. Aber das wurde mir und meiner Familie immer dann klar, wenn wir wieder nach Finnland reisten. Ich habe mich schon immer für Geschichte interessiert. Man muss sich nur die estnische Architektur ansehen. Darin sind überall die unterschiedlichen Schichten der Zeit gespeichert."
"Für mich war der größte Unterschied zwischen Ost und West die Anzahl der Fliegen. Wenn man die Grenze zur Sowjetunion überschritt, stieg die Anzahl der Fliegen bis ins Unerträgliche. In Finnland haben wir nicht so viele Fliegen."Sofie Oksanen



Presse:

"Meine Mutter ist Estin" Sofi Oksanen:"Stalins Kühe", Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2012. 489 S., 22,99 Euro  - Sofi Oksanen schildert die Geschichte von Anna, einer Finnin mit estnischer Mutter, die aufgrund ihrer Herkunft zahlreiche Probleme hat. Sie flüchtet sich in Bulemie - trotzdem ist das Buch nicht trostlos und traurig. Sie hortet dort Sauerkraut und saure Sahne, sie trauert in Tallinn um jedes Holzhaus, sie erobert sich die eigene Geschichte. Ja, fast gibt es ein Happyend. Ein Freund erhält Raum in Annas Leben (sofern er, wehe!, nicht versucht, ihr die Sucht zu nehmen), und irgendwann, hoffentlich, gelingt es der jungen Frau sogar, ein Gespräch in Finnland nicht mit dem immer selben Satz zu beginnen, mit einer Entschuldigung für die eigene verquere Existenz: "Meine Mutter ist Estin."  http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/1855351/


»Traurig, was Sofi Oksanen berichtet, aber das Buch ist es ganz und gar nicht. Denn Oksanen erzählt mit Schwung und Eleganz, sie zeigt das Komische im Bizarren, und an den tragischen Stellen wird sie hart, pointiert. Der Roman ist soziologisch, historisch und literarisch von Wert, seine Protagonistin trotz der schrägen Erscheinung eine sympathische Figur.«
Aargauer Zeitung

»Es ist ein Roman, der von einer großen erzählerischen Kraft getragen wird und gleichzeitig etwas Wildes, nicht Durchgeformtes an sich hat, obwohl er in seiner äußeren Form kontrolliert genug erscheint.«
TAZ



Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.08.2012
Ziemlich mulmig fühlt sich Rezensentin Katharina Granzin bei der Lektüre von Sofi Oksanens in deutscher Übersetzung nachgereichtem, erzählerisch starken Debütroman, der, anders als spätere Werke der Autorin, dem Leser in der Schilderung psychischen und körperlichen Leids kein befreiendes Ventil gestatte. Im Mittelpunkt der zwischen den Zeitebenen changierenden "Geschichte eines ziemlich destruktiven Culture Clashs" steht die ausschließlich mit sich selbst beschäftigte Anna, eine in Finnland lebende Tochter einer eingewanderten Estnin, die die Reibung zwischen Herkunft und Lebenswelt in Bulimie und innere Zerrissenheit treibt und damit über einen ähnlichen biografischen Erfahrungsfundus wie die Autorin selbst verfügt. "Eindringlich" findet die Rezensentin die Schilderung der körperlichen und psychischen Vorgänge dieser Erkrankung, in der äußere Gewalt vollkommen internalisiert und damit dem gesellschaftlichen Blick entzogen werde.



Bulimie-Roman - Ein Frauenkörper als Staatsgrenze-Von Maren Keller
Die Krankheit ist ihr Herr, das Essen ihre Religion: Anna ist Bulimikerin und die Erzählerin von Sofi Oksanens Debüt-Roman "Stalins Kühe", der nun in deutscher Übersetzung erscheint - eine Erinnerungs- und Bekenntnisorgie auf 500 Seiten.Wie seine Protagonistin kennt der Roman "Stalins Kühe" kein Maß. Die gelungene Form ist kein Wunder, denn geschrieben hat ihn Sofi Oksanen, 35, eine der besten Schriftstellerinnen Finnlands und Schöpferin des Bestsellers "Fegefeuer". Oksanen selbst ist die Tochter einer estnischen Mutter, wusste selbst mit dieser Herkunft nicht richtig umzugehen, bis eine Dozentin in einem Dramaturgiekurs sie ermutigte, das Thema zu ergründen statt wegzuschieben. "Stalins Kühe" ist das Ergebnis dieses Prozesses und zugleich Oksanens erster Roman - der nun also endlich in deutscher Übersetzung erscheint.http://www.spiegel.de/kultur/literatur/sofi-oksanen-bulimie-roman-stalins-kueche-a-853181.html





weitere Literatur der Autorin bei Lillemors:

Oksanen, Sofi: Fegefeuer. Roman
Cover: Fegefeuer
BTB 6,99Euro
hier bestellen (Ab 25€ ist der Versand kostenfrei)

Aus dem Finnischen von Angela Plöge. Als Aliide Tru, eine alte Frau, die allein in einem Bauernhaus auf dem estnischen Land lebt, ein Bündel in ihrem Garten findet, das sich als junge Frau entpuppt, schluckt sie ihre Skepsis und Menschenverachtung herunter und nimmt Zara in ihr Haus auf. Zara ist auf der Flucht vor ihren Zuhältern, die..
wir hatten das buch in Lesen macht klug und schoen 136 in facebook vorgestellt, aber der link funktioniert leider nicht mehr. hier nun die Rezensionen zum 'Fegefeuer" in perlentaucher: http://www.perlentaucher.de/buch/sofi-oksanen/fegefeuer.html
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/profil/1405510/


4. September 2010, Neue Zürcher Zeitung Wenn Frauen Freiheit üben
«Fegefeuer» – Sofi Oksanens atemberaubender Roman über die Abgründe des estnischen 20. Jahrhunderts: Andreas Breitenstein ⋅ Wenn es hierzulande eine Wahrnehmungslücke gibt für die Zeit des Zweiten Weltkriegs, dann betrifft sie die baltischen Staaten. Diese verloren in der Folge des Hitler-Stalin-Pakts von 1939 die Unabhängigkeit, die ihnen 1918 zugestanden worden war. 1940 marschierte die Rote Armee in Litauen, Estland und Lettland ein, was das Ende der Unabhängigkeit und den Beginn der sowjetischen Gleichschaltung bedeutete. Der deutsche Russland-Feldzug 1941 gab den Balten Gelegenheit, dagegen den Aufstand zu proben – und sich mit dem Feind des Feindes als diabolisch falschem Freund zu verbünden. Viele national gesinnte Balten wirkten aktiv am Holocaust mit. Am Ende triumphierten die Sowjets und mit ihnen jene, welche die russische Okkupation ihres Landes aus kommunistischer Überzeugung mit betrieben hatten. Was nach 1945 folgte, waren Deportationen von vermeintlichen oder tatsächlichen Kollaborateuren sowie von Antikommunisten. Noch lange regte sich der Widerstand in den Wäldern.
Geschichte und Gegenwart:
Es ist dieser Hintergrund, den der Roman «Fegefeuer» (2008) der jungen finnischen Schriftstellerin Sofi Oksanen (geb. 1977) im Hinblick auf Estland in verdichteter Weise zu evozieren vermag. WEITERLESEN im link. http://www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/literatur/wenn-frauen-freiheit-ueben-1.7441352


Sofi Oksanen - Fegefeuer (2010) - Orig.: Puhdistus (2008), finnisch - Fliegen aus dem Fleisch:
Immer wieder überleben in Sofi Oksanens „Fegefeuer“ die estnischen Fliegen. Ganz wie die Hauptfiguren, zwei Frauen, eine alt, eine jung, die Wege suchen, das erlittene Martyrium von Vergewaltigung und seelischer Verletzung zu überstehen. Hier brennt ein Szenenfeuer, das bis in die Träume dringt. Von Patrizia Kleinheinz - sf magazin 23.08.2010 http://www.sf-magazin.de/sofi-oksanen-fegefeuer,317.html



Der Roman „Fegefeuer“ erweckt gewiss eines nicht: den Eindruck der Oberflächlichkeit. Vielleicht mag es jedoch dem ein oder anderen Leser zu viel sein, wenn auch kleinste Motive symbolisch aufgeladen werden. "Die größte Tomate war so groß wie zwei Fäuste, die kleinste wie ein Esslöffel, und alle strotzten sie vor Überreife , aus den Rissen troff der Saft." Und vermutlich hätten sogar weniger Fliegen, beziehungsweise deren Eier dafür ausgereicht, dass sich Sofi Oksanens Werk in so manche Träume einnistet.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen