31 Mai 2012

Lesen macht klug und schoen 673 - Helene Bessette - Ist Ihnen nicht kalt

»Lesen Sie Hélène Bessette!«  Marguerite Duras

Helene Bessette - Ist Ihnen nicht kalt
Roman

Cover: Ist ihnen nicht kalt

Secession Verlag, Zürich 2012
ISBN-13 9783905951097
21,95 EUR
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Die Ausgangssituation: eine Frau verlässt ihren Mann. 
Sie, Dora, ist in die Schweiz gefahren, auf Kur, und kommt nicht zurück. 
Er ist Pfarrer, es sind die Worte der Liebe, die er seiner Gemeinde predigt, er, dem die eigene Liebe den Rücken gekehrt hat. 
Jetzt schreibt er ihr Briefe, morgens, wenn es graut, abends, wenn es dämmert, nachts, wenn es dunkel ist: er fleht, beschimpft, er räsoniert, er zerstört, er droht, er fleht, er skizziert das Bild seiner eigenen Zerrissenheit - und sie, antwortet sie? 
Ihre Briefe bleiben uns vorenthalten, wir erahnen sie nur aus der kaum objektiven Sicht des Mannes: zwangsläufig Opfer, zwangsläufig schuldig. Aber auch erschreckend ungebunden, unbestechlich, unbeugsam: 
eine freie Frau, die sich jeder Konvention entzieht.Bessette gelingt es in der für sie typischen Schärfe und genauen Handhabe der Sprache die Tragödie eines Bruches zu skizzieren und mit ihr die Komplexität der darin gebundenen Gefühle.
Aus dem Französischen von Christian Ruzicska.






Hélène Bessette , 1918 geboren, war eine französische Schriftstellerin, deren Romane bei Autorinnen wie Marguerite Duras, Nathalie Sarraute oder Alain Bosquet sehr geschätzt wurden. Hélène Bessette, geboren 1918, gestorben 2000, ist Schriftstellerin von höchstem Rang. Zwölf ihrer Romane wurden bei Gallimard zwischen den 50er- und 70er-Jahren publiziert. Heute ist sie auf dem Weg, die gefeierte Wiederentdeckung der französischen Kunst- und Literaturszene zu werden. Modern, einzigartig, eine Vorreiterin, die die Gegenwartsliteratur vor eine gewaltige Aufgabe stellt. Ida oder das Delirium ist 2010 bei Secession Verlag für Literatur hochgelobt von den Medien in deutscher Erstausgabe erschienen.
http://www.dailymotion.com/video/xcdjmh_rencontre-helene-bessette-au-compto_creation
Rencontre Hélène Bessette au Comptoir des mots par laurelit
Nathalie Lacroix (libraire), Noëlle Renaude (écrivain, grande lectrice d'Hélène Bessette ayant signé la postface de La Tour), Aurélie Carpentier (étudiante écrivant un mémoire sur Hélène Bessette) et Julien Doussinault (biographe d'Hélène Bessette) évoquent l'œuvre de l'auteur à travers le livre La Tour qui vient de paraître (février 2010).

Pressestimmen:


Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.09.2012
Jürgen Ritte erahnt in diesem erstmals 1963 erschienenen Briefroman von Helene Bessette schon die Revolte gegen die Doppelmoral und die Lage der Frauen, die sich wenig später Bahn brechen sollte. Ansonsten gefällt ihm das Buch als in der Art des "roman poetique" gehaltene Geschichte einer gescheiterten Beziehung. Ein Pastor fleht darin seine Geliebte an, zu ihm zurückzukehren, vergeblich. Die Zeichnung der Illusionslosigkeit bei gleichzeitigem professionellen Aufrechterhalten der Moral gelingt der von Queneau verehrten Autorin laut Ritte mittels präzisen, kurzen Sätzen.


Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.04.2012
Die Autorin Hélène Bessette wird in Frankreich wiederentdeckt, und zur Freude des Rezensenten Helmut Böttiger hat das neu erwachte Interesse auch auf den Secession Verlag übergegriffen, der nach dem Roman "Ida oder das Delirium" nun "Ist Ihnen nicht kalt" in deutscher Übersetzung herausgegeben hat. Bessette lebte als Konversationslehrerin in der Schweiz und als Hausangestellte in England, ihre vierzehn Bücher machten sie zu einer unter Literaten anerkannten Autorin, ließen sie aber dennoch schnell in Vergessenheit geraten. Dabei erkennt Böttiger viel Modernes in ihren Roman und sogar einen "Ansatzpunkt für heutiges Schreiben", mithilfe der von ihr beherrschten "Techniken der Kälte" gelinge es ihr nämlich, das Bürgertum zu demaskieren, wie im vorliegenden Roman der untreue Pfarrer, der in Briefen die Rückkehr seiner Frau erfleht, erschimpft und erdroht, um gesellschaftliche Unbill zu vermeiden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.04.2012
Kaum auszuhalten, aber dennoch von enormer Sogwirkung sind die Briefe eines von seiner Ehefrau verlassenem Pfarrers, aus denen sich der Roman der französischen Schriftstellerin Helene Bessette aus den 1960er Jahre zusammensetzt, meint Anja Hirsch. Aus diesen verzweifelten, anklagenden, zwischen Pathos und Rechtfertigungen schwankenden Monologen, in denen die abwesende Frau als Projektionsfläche ihres Mannes Kontur gewinnt, ergibt sich, wie die beeindruckte Rezensentin feststellt, eine scharfsinnige Zustandsbeschreibung des sich im Umbruch befindenden Verhältnisses der Geschlechter. Nicht zuletzt der eigenwillige Rhythmus dieser Suaden, in denen Sätze unvermittelt abbrechen, schlägt die Rezensentin in den Bann. Bessette gilt als Wegbereiterin des "Nouveau roman", war aber trotz ihrer Wertschätzung bei Schriftstellerkollegen nicht sonderlich erfolgreich mit ihren Romanen, lässt Hirsch wissen. Dass sie jetzt wieder entdeckt werden kann, freut die Rezensentin sehr.



Bessette gelingt es in der für sie typischen Schärfe und genauen Handhabe der Sprache die Tragödie eines Bruches zu skizzieren und mit ihr die Komplexität der darin gebundenen Gefühle. „Es ist wie ein Schlund, der nach Ihnen schnappt, ein schwindelerregender Fall in die Abgründe eines irrenden Bewusstseins.“
Elisabeth Philippe, Les Inrockuptibles


Ein Gottesmann in hohen und niedrigen Gefilden
Hélène Bessette, "Ist Ihnen nicht kalt", Secession Verlag, Zürich 2011, 178 Seiten
Ein Pfarrer schreibt Briefe an seine Frau, die ihn verlassen hat: bettelnd, schwadronierend oder drohend. Mit diesem 1963 erschienenen, jetzt neu aufgelegten Buch erweist sich Hélène Bessette als Vorläuferin und Geistesverwandte des "nouveau roman".
Hélène Bessette (1918-2000) hat von 1952 bis 1973 im renommierten Pariser Verlag Gallimard 14 Bücher herausgebracht und zum Teil hymnische Kritiken von einflussreichen Kollegen erhalten. Als der Verlag nichts mehr von ihr veröffentlichen wollte, verstummte sie für die Öffentlichkeit und starb völlig vereinsamt und vergessen in Le Mans. In den letzten Jahren setzte eine Renaissance dieser Autorin in Frankreich ein, und der kleine, neugegründete Secession-Verlag in Zürich bringt jetzt bereits das zweite Buch von ihr auf deutsch heraus, das im Original 1963 erschienen ist.
Hélène Bessette agierte zeit ihres Lebens abseits des Literaturbetriebs, sie hat eine eigene Sprache entwickelt, die sich von Zitaten, von direkter Rede, von unmittelbaren Sprechweisen nährt und in der Konstruktion etwas stark Artifizielles hat. Sie verarbeitet zwar eigene autobiografische Erfahrungen - auch sie hat ihren Mann, der ein Pfarrer war, verlassen - aber durch die Stilisierung und die Verallgemeinerung männlicher und kirchlich/gesellschaftlich legitimierter Verhaltensweisen entsteht etwas Neues. dradio.de Besprochen von Helmut Böttiger

weitere Literatur der Autorin bei Lillemors:

Besette, Hèléne
Ida oder Das Dilirium
Roman
Cover: Ida oder Das Delirium
 Ida, Heldin des Romans, ist mit der ersten Zeile tot. Dienstmagd im Hause der Familie Besson, nennt sich selbst einen "Vogel...  Secession Verlag für Literatur 21,95 €
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