06 Mai 2012

Lesen macht klug und schoen 654 - Christina von Braun - Der Preis des Geldes


Christina von Braun zeichnet die Geschichte des Geldes nach und untersucht u.A. die Entwicklung der Lohnarbeit, der Prostitution oder warum Männer und Frauen sehr unterschiedlich mit Geld umgehen.

Christina von Braun - Der Preis des Geldes




Aufbau Verlag
978-3-351-02710-0
34,00 €
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Das unverzichtbare Grundlagenwerk: In ihrer brillanten Analyse der Geschichte des Geldes stellt Christina von Braun die Frage in den Mittelpunkt, warum wir an die Macht eines Systems glauben, das kaum jemand mehr versteht.

Seit seiner Entstehung hat das Geld einen immer höheren Abstraktionsgrad erreicht: von der Münze über Schuldverschreibungen, Papiergeld bis zum elektronischen Geld. Inzwischen ist der größte Teil des Geldes Kreditgeld, basierend auf Hoffnung, Glauben, Versprechen. In der Ökonomie gibt es einen breiten Konsens darüber, dass das Geld keiner Deckung bedarf. Christina von Braun vertritt die Gegenthese: Das moderne Geld, das keinen materiellen Gegenwert hat, wird durch den menschlichen Körper ‚gedeckt’. Das erklärt nicht nur die extrem unterschiedlichen Einkommensverhältnisse im Finanzkapitalismus, sondern auch die Monetarisierung des menschlichen Körpers, etwa im Söldnerwesen, in der Prostitution, dem Organhandel oder der Reproduktionsmedizin. Die moderne Beglaubigung des Geldes ist schon in seinem Ursprung angelegt und fand in der christlichen Religion den idealen kulturellen Nährboden.








Christina von Braun, geboren 1944 in Rom, lebte bis 1981 als freie Autorin in New York und Paris. Sie drehte etwa 50 Filmdokumentationen und Fernsehspiele und verfasste zahlreiche Bücher und Aufsätze zu kulturgeschichtlichen Themen. Seit 1994 Professorin an der Humboldt-Universität zu Berlin. Veröffentlichungen u. a.: „Stille Post. Eine andere Familiengeschichte“, 2007. Bei Aufbau erschienen 2007 „Verschleierte Wirklichkeit. Die Frau, der Islam und der Westen“ (zus. mit Bettina Mathes) und 2009 „Nicht ich. Logik Lüge Libido“.

»Das Buch ist in einer glänzenden Sprache von fast literarischer Qualität verfasst und trotz des wahrhaft ernsten Themas mit spielerischer Leichtigkeit und mit witzigen Begriffsbildungen wie in einem Guss durchformuliert.« Zeitschrift f. Geschichtswissenschaft über: »Verschleierte Wirklichkeit«

Presse:

Eine Kulturgeschichte des Geldes - 
Glauben und zahlen:
An Geld muss geglaubt werden, aber zu viel Vertrauen ist ebenso schädlich wie zu wenig. Eine opulente Kulturgeschichte von Christina von Braun.Lisa Herzog

Gerechtigkeit, Verantwortung?
Buchstäblich auf der letzten Seite fällt der Begriff «Gerechtigkeit». Aber die Frage nach Verantwortung oder Moral bleibt schwammig. Die Sonderstellung der «Agenten» in der Finanzwelt mit ihren exorbitanten Boni bringt die Autorin eher mit der Arbeitsweise der völlig der Sache verschriebenen mittelalterlichen Mönche als mit etwelchen Regelungsdefiziten oder kriminellen Energien in Zusammenhang. Ohne dies explizit zu machen, stellt die Autorin damit indes eine der zentralen Fragen, die die Bewertung und Lösung der derzeitigen Finanzprobleme so schwierig machen: Ist die Kategorie individueller Verantwortung noch sinnvoll angesichts der komplexen, oft unvorhersehbaren Effekte im Gesamtsystem unserer Währungen und Wertpapiere – oder müsste etwas anderes an ihre Stelle treten? Ist es noch möglich, die Eigendynamik des Geldes zu bremsen und es sinnvoll zu «kanalisieren», wie Christina von Braun am Ende empfiehlt, ohne aber konkrete Vorschläge zu machen? Oder ist das Netz kultureller Verbindungen und ökonomischer Funktionen, in das uns das Geld verstrickt, so dicht, dass wir uns daraus gar nicht so einfach befreien können?
http://www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/uebersicht/eine-kulturgeschichte-des-geldes-1.17592991





Je größer der Glaube an die Gemeinschaft, desto größer ist der Glaube ans Geld, sagt von Braun. 
Geschichtsbuch der Finanzen 
Christina von Braun: "Der Preis des Geldes", Aufbau Verlag, Berlin 2012, 510 Seiten
Das Buch von Christina von Braun will aufzeigen, wie sehr die Finanzgeschichte eine Geschichte des Glaubens ist. Dass das so ist, wird niemand mehr bestreiten: Der Glauben an das Geld wird in Kreditangelegenheiten mitunter so strapaziert, dass er Länder an den Rand des Abgrundes bringen kann.
Dass Geld die Welt regiert, ist eine triviale Wahrheit. Wie das Geld-Regime jedoch entstand und wie es sich an der Macht hält, ist eine komplexe und umstrittene Geschichte. Für Christina von Braun ist Geld ein äußerst abstraktes Zeichensystem und anders als oft unterstellt gerade kein Symbol für den vereinfachten Tausch materieller Güter. ....

Der Wert von "Der Preis des Geldes" liegt in der außerordentlichen Brillanz, mit der von Braun ganze Regale voll Geld-Literatur durchdringt, und in der Originalität, mit der sie Phänomene wie Schriftlichkeit, Buchdruck, Kunst, Atomkraft, Sklaverei, Söldnertum und Prostitution mit der Entwicklung des Geldes verbindet. Trotz mancher Fragezeichen ist die Lektüre ein intellektueller Genuss. - Aber was wird nun aus dem Geld, das der Mensch nicht hat, sondern es ihn? Christina von Braun gibt die Hoffnung noch nicht auf: "Die Geschichte des Geldes ist eine Geschichte der Domestizierung des Menschen. Eben deshalb müsste eine domestizierte Gesellschaft aber auch über die Mittel verfügen, der Eigendynamik des Geldes Zügel anzulegen." 
Besprochen von Arno Orzessek http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/1822590/




Anmerkungen zu seiner Kulturgeschichte
VON GABRIELE GOETTLE TAZ
Der Kapitalismus ist vermutlich der erste Fall eines nicht entsühnenden, sondern verschuldenden Kultes. Walter Benjamin

Und diesen vollkommen losgelösten Finanzmarkt heute kann man nur verstehen durch den fortlaufenden Abstraktionsprozess vorher. ,Gier der Spekulanten' heißt es immer. Gier ist eine Sünde, die man beherrschen kann. Sie gehört zu den 7 Todsünden. Aber ich glaube, ,Gier' ist das falsche Wort. Ich meine, der Begriff ,Angst' ist viel besser geeignet, zu erklären, weshalb diese Menschen derart die Nullen zu vermehren versuchen. Wir sind ja konfrontiert mit einem Geld, das gar keinen materiellen Bezug mehr hat. Und es gibt einfach Grenzen, wie man diese vielen Millionen auf dem Konto umsetzen kann in materielle Werte. Also sind diese Menschen permanent bedroht von dieser Nichtigkeit - oder von diesem Nichtsein des Geldes. Sie löst diese Angst aus. Durch Multiplikation der Nullen auf dem Konto kann man sie nicht überwinden. Man kann sie nur strukturell überwinden. Man muss aus diesem System aussteigen.
Aber die Hoffnung auf Veränderbarkeit ist eigentlich gering. Das Einzige, worauf wir hoffen können, ist, sagen wir mal, das Geld sozusagen zu domestizieren. Gut wäre, wenn es uns gelingt, wenigstens eine gewisse Skepsis, Zweifel, Glaubenszweifel gegenüber dem Geld zu haben. Ich kann nur sagen, im Namen der Utopie und der utopischen Entwürfe sind viele Kriege geführt worden. Im Namen der Skepsis noch nie."

Kulturgeschichte - Nur der Glaube macht Geld wertvoll
14.04.2012 ·  Woher kommt unser Vertrauen in das Geld? Münzen und Scheine selbst sind nichts wert. Deshalb brauchen wir Götter, Staaten oder Banken als Garanten.
Von RALPH BOLLMANN, BERLIN - FAZ
Es ist das Verdienst der Kulturwissenschaftlerin Christina von Braun, diese Umstände in ihrer am Montag erscheinenden Kulturgeschichte des Geldes wieder ins Bewusstsein zu rücken (“Der Preis des Geldes, Aufbau-Verlag, 34 Euro“). Anders als bei ihrem Kollegen an der Berliner Humboldt-Universität geht es ihr nicht um Polemik, sondern um Erkenntnisgewinn. Manche ihrer Thesen sind spekulativ, die meisten aber erhellend - und vor allem kennt sie in nahezu allen Verästelungen die geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung über das Wesen des Geldes, die sich des Themas stets mit mehr Leidenschaft annahm als die eigentlich zuständige Ökonomie.
Frau bezahlt selbst - Christina von Braun wäre nicht die Feministin, die sie ist, würde sie diese Lehre nicht auch auf die Frauenrechte anwenden: Der Feminismus, zitiert sie den Ökonomen Joseph Schumpeter, sei „eine ihrem ganzen Wesen nach kapitalistische Erscheinung“. Ohne die schöpferische Zerstörung traditioneller Bindungen, die das Geld bewirkt, wäre die Emanzipation der Geschlechter undenkbar.

Peter Rosei: "Geld!" = Die Finanzkrise hat die Literatur erreicht - sandammeer.at
Christina von Braun: "Der Preis des Geldes. Eine Kulturgeschichte"
Das unverzichtbare Grundlagenwerk: In ihrer brillanten Analyse der Geschichte des Geldes stellt Christina von Braun die Frage in den Mittelpunkt, warum wir an die Macht eines Systems glauben, das kaum jemand mehr versteht. Es steht im Zentrum unseres Lebens. Doch hat das Geld als Zahlungsmittel im Zeitalter virtueller Werte, von Aktien, Schecks etc. überhaupt noch einen Sinn? Seit seiner Entstehung hat es sich immer mehr zu einem abstrakten Zeichensystem entwickelt: von der Münze über Schuldverschreibungen, Wechsel bis zum Papiergeld und elektronisch notierten Geld.
Immer mehr Menschen zweifeln am System des Kapitalflusses und besinnen sich auf alternative Zahlungsmittel, regionale Währungen, Tauschhandel etc.
Christina von Braun zeichnet die Geschichte des Geldes nach und untersucht u.A. die Entwicklung der Lohnarbeit, der Prostitution oder warum Männer und Frauen sehr unterschiedlich mit Geld umgehen. Als Quellen nutzt sie Interviews ebenso wie literarische Texte und Fernsehserien. (Aufbau-Verlag)


Der Preis des Geldes - Über Schuld und Schulden - DRS2
Geld bedeutet eigentlich Opfer. Sein Ursprung war ein sakraler Opferkult, mit Geld brachte man den Göttern ein Opfer, um Leistungen zu entgelten. Das Geld hat die Kirche über die Jahrhunderte immer wieder umgetrieben.
Die katholische Kirche, die traditionsgemäss grosse Goldvorräte und Landbesitz hatte, fing im Spätmittelalter an, Geld zu verleihen. Die christliche Gesellschaft lernte schnell, eine Art Kreditsystem aufzubauen.
Eine wichtige Einnahmequelle war für sie, dass man sich für eine bestimmte Geldsumme vom Fegefeuer freikaufen konnte. Das Individuum und sein Lebensstil wurden gewissermassen in Geld aufgewogen.
Etwas, das zunächst die freie Marktwirtschaft von der Kirche lernen konnte, und das bis hin zur «Sünde» eines heute völlig losgelösten Finanzmarktes führte. Über die (Kirchen-)Geschichte des Geldes ein Gespräch mit der Berliner Kulturwissenschaftlerin Christina von Braun.

",Gier' ist das falsche Wort", sagt die Kulturwissenschaftlerin Christian von Braun. Der Zeitpunkt.ch:
"Der Begriff ,Angst' ist viel besser geeignet, zu erklären, weshalb diese Menschen derart die Nullen zu vermehren versuchen. Wir sind ja konfrontiert mit einem Geld, das gar keinen materiellen Bezug mehr hat. Und es gibt einfach Grenzen, wie man diese vielen Millionen auf dem Konto umsetzen kann in materielle Werte. Also sind diese Menschen permanent bedroht von dieser Nichtigkeit - oder von diesem Nichtsein des Geldes. Sie löst diese Angst aus. Durch Multiplikation der Nullen auf dem Konto kann man sie nicht überwinden. Man kann sie nur strukturell überwinden."

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