31 März 2012

Lesen macht klug und schoen 618 - Ulla Lenze - Der kleine Rest des Todes



'Es ist alles zu wenig. Was immer einem einfällt, es ist zu wenig.'

Ulla Lenze - Der kleine Rest des Todes

Roman




 

Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2012
ISBN-13 9783627001797
18,90 EUR 
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Seit ihr Vater bei einem Flugzeugabsturz tödlich verunglückt ist, ist auch Ariane irgendwie nicht mehr da. Und die rauschende Stille der indischen Palaniberge, in denen sie Monate in einem Zen-Kloster verbracht hat, scheint Lichtjahre entfernt. Spätestens als sie eines Morgens unter dem Fenster ihres Liebhabers erwacht, weiß sie, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Doch wie ließe sich vernünftig und gradlinig leben, wenn doch der Tod sich nicht ins Leben einfügen will, wenn doch immer ein Rest bleibt: die Erinnerung an ein letztes Winken am Bahnsteig, die befremdliche Präsenz in den gespeicherten Nachrichten des Anrufbeantworters und die quälende Frage, ob der eigene Vater bei vollem Bewusstsein verbrannt ist.
Während sich Mutter und Schwester um die bürokratische Abwicklung des Todesfalls kümmern, ist Ariane auf der Suche nach Halt. Doch der Ex-Freund ist frisch verliebt, der standesgemäße Liebhaber aus akademischen Kreisen nicht bereit, sich durch große Emotionen die Laune verderben zu lassen, und ihre ehemals beste Freundin verschwindet immer wieder so schnell, wie sie aufgetaucht ist. Schließlich muss Ariane erkennen, dass nur sie selbst es ist, die sich helfen kann, und begibt sich auf eine Reise mitten ins Zentrum ihrer Ängste.

Mit ihren poetischen, gestochen scharfen Bildern rückt Ulla Lenze so nah an die Grenzerfahrung des Abschieds und des Selbstverlusts heran, dass diese physisch präsent und greifbar wird. Atemlos folgt man der Ich-Erzählerin, wünscht ihre Rettung herbei und weiß doch, dass sie gerade jetzt so nah an den Dingen ist, wie man nur in tiefster Trauer, in der tiefsten Krise sein kann.



ULLA_LENZE




Ulla Lenze, 1973 in Mönchengladbach geboren, studierte Musik und Philosophie in Köln. 2003 erschien ihr Debütroman Schwester und Bruder, der mit dem Ernst-Willner-Preis beim Klagenfurter Bachmann-Wettbewerb, dem Jürgen-Ponto-Preis für das beste Romandebüt und dem Rolf-Dieter Brinkmann-Stipendium der Stadt Köln ausgezeichnet wurde. 2008 erschien ihr zweiter Roman Archanu. Literarische Reportagen schreibt sie u.a. für die Neue Zürcher Zeitung, Die Zeit, Brigitte und die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Ihre Recherchen führten sie nach Libyen, Syrien, in den Iran und vor allem nach Indien. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin in Berlin. Ihr dritter Roman Der kleine Rest des Todes erscheint im Frühjahr 2012 in der FVA. -  http://ullalenze.de










Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.3.2012
Kai Sina

»Wo andere Autoren trivialpsychologisch behaupten, das Erzählen könne die Trauer überwinden, richtet Lenze den Fokus auf den einzelnen, schmerzenden Augenblick, um ihn irgendwie zu begreifen – ist sich dabei aber nüchtern bewusst, dass auch dies keine Rettung bringen kann. Wer in einigen Jahren auf das erstaunliche Spektrum an Todes-, Sterbe- und Trauergeschichten im frühen einundzwanzigsten Jahrhundert zurückblicken wird, wird nicht nur Daniel Kehlmanns “Ruhm” [...], Judith Hermanns “Alice” oder auch Christoph Schlingensiefs Krebstagebuch “So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!” zur Kenntnis nehmen müssen, sondern auch Ulla Lenzes “Der kleine Rest des Todes.” Und mit ihm eine ganz eigene Stimme im vielköpfigen Totengesang der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.«

Süddeutsche Zeitung, 13.3.2012
Christoph Schröder
»Ulla Lenzes neuer Roman, ihr dritter, ist das verdichtete Psychogramm einer Trauernden, ein Buch der großen und kleinen Erschütterungen, in dem die Krisen in einer geradezu logischen Kettenreaktion aufeinander folgen. [...]
Der bemerkenswerteste Aspekt an Ulla Lenzes hochkonzentriertem Buch ist, wie nachvollziehbar hier eine Trauernde aus sich selbst heraus das Recht zum hemmungslosen Egoismus entwickelt.«

DIE ZEIT, 14.3.2012
Gerrit Bartels
»Schon lange war kein Frühjahr in der deutschsprachigen Literatur mehr so gut und kreativ, so vielfältig und aussagekräftig wie dieses, von Christian Krachts “Imperium” über Andreas Maiers “Das Haus” bis zu Bernd Cailloux’ “Gutgeschriebene Verluste”, von Felicitas Hoppes Anti-Autobiografie “Hoppe” über Annette Pehnts Generationenroman “Chronik der Nähe” bis zu Ulla Lenzes Trauerbuch “Der kleine Rest des Todes”.«

Frankfurter Rundschau, Literatur.Magazin Frühjahr 2012 Andreas Montag
»Ein Roman wie ein Strudel. [...] Dabei schreibt Ulla Lenze [...] auf keine Pointe hin. Vielmehr, und das macht ihre Kunst aus, bildet sie den Hintergrund des Schreckens in den Selbstbetrachtungen ihrer Hauptfigur ab, die durch den Verlust des Vaters eine dramatische Befreiung von den Konventionen erlebt, die ihr bis dahin, notdürftig genug, Halt gegeben haben. Die junge Frau, eine Akademikerin auf dem Weg zur Promotion, die sie sich aufgegeben hat, um eine tüchtige Tochter zu sein, beobachtet sich staunend, dann erschrocken beim Absturz aus den Sicherheiten des bürgerlichen Lebens.«

Die Welt, 16.3.2012
Björn Hayer
»Vielmehr sind es die seidenzart geschlagenen Moll-Akkorde und die schmiegsamen Gedankenströme, die diesem schmalen Roman seine poetische Magie verleihen.«

Zuckerkick, 15.3.2012

»Man fühlt sich wie in einem Rausch, während man das 150 Seiten dünne Werk durchschmökert und man ist ergriffen von der Sprachgewalt der Autorin, welcher es gelingt, den trostlosen Alltag in packende Bilder zu überführen.«


Der kleine Rest des Todes ist ein Buch, das Trauer zulässt, sie von allen Seiten anschaut und nicht darauf hofft, sie möge möglichst schnell vorbeigehen. Ulla Lenze verknüpft die Gedanken ihrer Heldin mit wunderschönen Landschafts- und Großstadtbildern, die ein Stück jener Trauer spiegeln, die Ariane in sich fühlt. Meine uneingeschränkte Leseempfehlung hat das Buch auf jeden Fall.  - http://synaesthetisch.wordpress.com

podcast das blaue Sofa :

video das blaue sofa

Ein Buch, das aufwühlt. Ein Buch, dass den Schmerz über den Verlust eines Angehörigen mit so poetischer, weil treffender Sprache beschreibt, dass Ariane in ihrem selbstgerechten Schmerz greifbar vor einem steht. Der Anreiz, wie ein Schmetterling aus dem Kokon zu schlüpfen, ist manchmal ein schmerzvoller. Ob er wirkt? Das zu beurteilen, bleibt dem Leser überlassen.  - Es wird gelesen




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