06 März 2012

Lesen macht klug und schoen 595 - Olga Grjasnowa - Der Russe ist einer, der Birken liebt

SWR-Bestenliste: Platz 8 (-) 22 Punkte OLGA GRJASNOWA: Der Russe ist einer, der Birken liebt

Olga Grjasnowa - Der Russe ist einer, der Birken liebt

Roman

Der Russe ist einer, der Birken liebt - Grjasnowa, Olga 

Carl Hanser Verlag, München 2012
ISBN-13 9783446238541
18,90 EUR
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Mascha ist jung und eigenwillig, sie ist Aserbaidschanerin, Jüdin, und wenn nötig auch Türkin und Französin. Als Immigrantin musste sie in Deutschland früh die Erfahrung der Sprachlosigkeit machen. Nun spricht sie fünf Sprachen fließend und ein paar weitere so "wie die Ballermann-Touristen Deutsch". Sie plant gerade ihre Karriere bei der UNO, als ihr Freund Elias schwer krank wird. Verzweifelt flieht sie nach Israel und wird schließlich von ihrer eigenen Vergangenheit eingeholt. Olga Grjasnowa erzählt die Geschichte einer Generation, die keine Grenzen kennt, aber auch keine Heimat hat.


Olga Grjasnowa 

Olga Grjasnowa, geboren 1984 in Baku, Aserbaidschan, wuchs im Kaukasus auf. Längere Auslandsaufenthalte in Polen, Russland und Israel. Absolventin des Deutschen Literaturinstituts Leipzig. 2011 erhielt sie das Grenzgänger-Stipendium der Robert Bosch Stiftung. Derzeit studiert sie Tanzwissenschaften an der FU Berlin.

Presse:


"Hier kommt die Welt zu Ihnen, wie sie noch nie zu Ihnen gekommen ist in einem Roman. Mit Macht, mit Witz, mit Weisheit, mit Scharfsicht und Scharfsinn, mit Tempo und Trauer." Elmar Krekeler, Die Welt

"Es ist die Ambivalenz beinahe jedes Motivs, mehr aber noch die raffinierte Zeitstruktur, die diesem Roman trotz seines existentiellen Gewichts eine hypnotische Leichtigkeit verleiht." Meike Fessmann, Literaturen, Heft 3/12

SWR Literatur Hier und Jetzt Podcast aus der Hoerbuchfassung zum Nachhoeren : http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/buchkritik/-/id=658730/did=9371334/pv=mplayer/vv=popup/nid=658730/16wd6z0/index.html

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.03.2012

Ausgesprochen gut gefallen hat Jörg Plath Olga Grjasnowas Romandebüt "Der Russe ist einer, der Birken liebt". Grandios meistere die 1984 in Baku geborene Autorin ihre ausufernde Stoffmasse, die locker für vier Romane gereicht hätte, lobt der Rezensent anerkennend. Die jüdisch-armenische Mascha, die als Kind vor Pogromen mit ihren Eltern nach Deutschland geflohen ist, ist Mittelpunkt eines multikulturellen, in keine "Schublade" passenden Freundeskreises und bleibt auch als Dolmetscherin in Israel fremd, fasst der Rezensent zusammen. Dass der Autorin, die hier auch Autobiografisches verarbeitet hat, das Ganze nicht zum "Thesenroman" gerät, rechnet ihr Plath hoch an und wegen der gelungenen Mischung aus Komik und Tragik und des rasanten Erzähltempos verzeiht er ihr auch gern, dass ihr eine Nebenfigur eher zur Karikatur geraten ist und   die Erzählung - allerdings nur ganz selten, wie der Rezensent versichert - ins Schlingern kommt. Insgesamt aber ist Plath von diesem "Identitätskarussell" sehr gefesselt, zeigt sich beeindruckt von der sparsamen aber treffenden Figurenzeichnung und preist Grjasnowas leichte Hand beim Umgang mit ihrem gewichtigen Stoff.



Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.02.2012
Mit ihrem Debütroman "Der Russe ist einer, der Birken liebt" hat die 1983 geborene Autorin Olga Grjasnowa die Rezensentin Nicole Henneberg ganz für sich eingenommen. Die Kritikerin erfährt, wie Grjasnowas Alter Ego Mascha mit ihrer Familie in den neunziger Jahren aus dem traumatisierten Kaukasus nach Deutschland floh, wo sie nicht nur mit der eigenen jüdischen Vergangenheit - die Großmutter war eine Holocaust-Überlebende - konfrontiert wird, sondern sich auch mit Verachtung und Demütigungen, etwa durch die Lehrer, auseinandersetzen muss. Zugleich liest Henneberg von einer jungen Frau, die sich voller Ehrgeiz durchbeißt, fünf Sprachen erlernt und diverse Praktika absolviert, um schließlich zu studieren. Für die Rezensentin ist Grjasnowas ehrgeizige Protagonistin ein ganz neuer Frauentypus der deutschen Gegenwartsliteratur, der ihr einen anderen Blick auf ein unfreundliches Deutschland "voller Unverständnis" eröffnet. Maschas tragische Liebesbeziehung mit Elias, der aus einer ostdeutschen Alkoholiker-Familie kommt, ist der Kritikerin zwar eine Katastrophe zu viel, dennoch kann sie diese meisterhafte Mischung aus Einfühlungsvermögen und Humor, Hoffnung und Enttäuschung, mit der die Autorin auch ihre Erlebnisse in einer humanitären Organisation in Israel im zweiten Teil des Romans schildert, nur uneingeschränkt empfehlen.

Olga Grjasnowa liest aus "Der Russe ist einer, der Birken liebt

 


Kristallisation der Kulturen -Ein beachtliches Debüt: Olga Grjasnowa hat mit „Der Russe ist einer, der Birken liebt“ einen Roman geschrieben, der auf der Höhe der Zeit nicht weniger als alles verhandelt Von Andreas Thamm

„Der Russe ist einer, der Birken liebt“ ist eine politische Lehrstunde für die Leser. Zum Glück verfällt Grjsnowa nur höchst selten der Versuchung, tatsächlich dezidiert politisch zu werden. Dass sie beispielsweise Cems Vater ganz erstaunt und empört von einer Versammlung der CDU zurückkehren lässt – das ist so programmatisch und plump, dass es nicht zu diesem eleganten Roman gehören will. Die Stärke des Buches ist, dass es der Autorin über weite Strecken gelingt, Multikulti nicht als naives Utopia hinauszuplärren, sondern als alltäglichen status quo zu manifestieren.
„Saddam war tot. Elischa war tot. Die Tage des Schlachtens.“ Es ist ein epischer Sonnenuntergang am Ende dieses beachtlichen Debüts. Aber er ist nicht ohne die Hoffnung, auf einen erneuten Aufgang. Das Mantra von Maschas Großmutter, einer KZ-Überlebenden, schwingt jedoch bedrohlich im Hintergrund: „Alles wiederholt sich. Alles wiederholt sich. Alles wiederholt sich.“

 

Olga Grjasnowa im Interview 

 

 Lesetipp von Iris Radisch

 

 

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