15 Juli 2012

Lesen macht klug und schoen 717 - Maylis de Kerangal - Die Brücke von Coca

Gegenwart in der Literatur befindet nicht Zeitungshaftigkeit, sondern das, was diese Autorin sonst betreibt: die Spuren der Lebensbedingungen in der Psyche ihrer Figuren sichtbar machen. 

Maylis de Kerangal - Die Brücke von Coca
Roman




















Suhrkamp, Berlin 2012
ISBN: 978-3-518-42292-2
19,95 Euro
hier bestellen (Ab 25€ ist der Versand kostenfrei)


Die neuen Dimensionen der Komödien und Tragödien im Alltag der Globalisierung erzählt der preisgekrönte Roman der französischen Autorin Maylis de Kerangal. 

Personen aus den unterschiedlichsten Weltgegenden treffen aufeinander, und es entwickeln sich neue ungeahnte Verwicklungen, Verhältnisse und Beziehungen zwischen den Menschen, es entstehen völlig unbekannte Situationen mit unvorstellbaren Konsequenzen, Vorgänge, in den sich alte Einstellungen und neueste Haltungen gegenüberstehen.

In Coca, einer Stadt im fiktiven Kalifornien, soll am Anfang unseres Jahrtausends eine enorme Brücke entstehen, mit der die letzte Kluft zwischen der westlichen Zivilisation und dem Rest an unberührter Kultur überwunden werden soll. Menschen aus allen Teilen des Erdballs strömen an diese gigantische Baustelle. 

Auf diese Weise bildet sich ein menschlicher Schmelztigel unbekannten Ausmaßes. In diesem Zusammenprall der Kulturen werden Kräfte ungeahnten Ausmaßes freigesetzt: Die Brücke von Coca registriert anhand der Stationen der Fertigstellung dieses Menschheitsdenkmals detailliert die Tricks der großen und kleinen Politik, die Passionen und Leiden, Verbrechen und Amouren beim Zusammentreffen der Kulturen: 
eine andere kosmopolitische Generation entsteht unter schmerzhaften Kämpfen.

Der Bürgermeister von Coca, einer fiktiven Kleinstadt in Kalifornien, beschließt, eine gigantische Brücke bauen zu lassen, um aus seiner unbedeutenden Gemeinde eine Weltstadt des 21. Jahrhunderts zu machen und reißt so das verschlafene Nest aus seinem Dämmerschlaf. Angezogen von den Hoffnungen, die dieses pharaonische Großprojekt verheißt, diesem wirtschaftlichen Glücksfall in Zeiten der Krise, strömen die verschiedensten Menschen aus den unterschiedlichsten Teilen der Welt nach Coca, um hier ihr Glück zu finden. 

Die Autorin führt uns mitten hinein in einen menschlichen Schmelztiegel, in dem sich die unterschiedlichsten Schicksale vor dem Hintergrund der Globalisierung und der Erschütterung der Grundfeste kreuzen. 

Sie beschreibt eine moderne Odyssee, die, unter dem Einfluss der übereifrigen Ziele eines Mannes, die echlichkeit der menschlichen Natur veranschaulicht.

Aus dem Französischen von Andrea Spingler








Maylis de Kerangal, geboren 1967, veröffentlichte im Jahre 2000 ihren ersten Roman. Ihre Romane und Erzählungen wurden vielfach ausgezeichnet. Maylis de Kerangal, geboren 1967 in Toulon, wuchs in Le Havre auf. Sie stammt aus einer Seefahrerfamilie. Seit 1985 studierte sie Philosophie, Geschichte und Ethnologie, arbeitete dann bei dem Verlag Gallimard und nahm danach ihre Studien an der Pariser Graduiertenhochschule EHESS wieder auf. Im Jahre 2000 veröffentlichte sie ihren ersten Roman "Je marche sous un ciel de traîne". 2004 eröffente sie den Jugendbuch-Verlag Éditions du Baron Perché. Für die "Brücke von Coca" erhielt sie 2010 den renommierten Prix Médicis.





Pressestimmen:

»Gegenwart in der Literatur befindet nicht Zeitungshaftigkeit, sondern das, was diese Autorin sonst betreibt: die Spuren der Lebensbedingungen in der Psyche ihrer Figuren sichtbar machen. Auch dafür wurde Maylis de Kerangal zur ersten französischen Trägerin des Franz-Hessel-Preises.«
Hans-Peter Kunisch, Süddeutsche Zeitung


Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung,23.11.2012
Maylis de Kerangals Roman ist eine gelungene Bestandsaufnahme der Gegenwart, findet Rezensent Niklas Bender. Die Gegenwart, die gemeint ist, ist eine ziemlich umtriebige, produktive und undurchsichtige. Es geht in "Die Brücke von Coca" um eines jener riesigen Bauvorhaben, die wie wenig anderes für den Fortschritt stehen, denen hierzulande aber immer größere Skepsis entgegengebracht wird, jedenfalls so lange sie hier realisiert werden sollen, fasst der Rezensent zusammen. Kerangal hat sich entschieden, sich der "exemplarischen Methode" zu bedienen, berichtet Bender. Die Figuren repräsentieren zahlreiche Berufsgruppen, Ethnien, persönliche Hintergründe; die Handlung greift sich beispielhafte Episoden des Brückenbaus heraus, von der Planung bis zur Fertigstellung. Der Gefahr, dass die einzelnen Elemente dadurch zu rein strukturellen Momenten verkommen, kann die Autorin entgehen, findet der Rezensent. Die Mischung aus gesellschaftlicher Metapher und mitreißender Erzählung findet Bender so gut gelungen, dass er sich schon auf weitere Romane der französischen Autorin freut.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.05.2012
Die Autorin zwischen Männerfantasien a la Beigbeder und Houellebecq und den provokanten französischen Erotikerinnen einzuordnen, versucht Rezensent Hans-Peter Kunisch gar nicht erst. Dieser Autorin, versichert er, geht es um etwas anderes, um Gegenwart nämlich und wie sie sich in die Köpfe und Körper der Menschen einschreibt. Maylis de Kerangal, erläutert Kunisch zeigt das anhand der Sprache ihrer Figuren, ihres Vokabulars und ihrer Rhythmik. Genau wie das Filmische, das Temporeiche und Geraffte von Kerangals Stil erinnert es Kunisch an amerikanische Erzählweisen. Die Gegenwart und wie die Lebensbedingungen ihre Spuren in den Menschen hinterlassen, vermag die Autorin dem Rezensenten auf die Art sichtbar zu machen.


»Maylis de Kerangal macht in ihrem Roman Die Brücke von Coca eine Stadt zur Heldin...Ihre zupackende, auch in der Übersetzung von Andrea Spingler rhytmisch präzis austarierte Prosa spiegeln den Drive der Aufbruchsstimmung...«
Christoph Vormweg, WDR3 WDR3 Passagen


»...Denn ihre technisch präzisen Darstellungen des Brückenbauwerks sind schon beeindruckend. Genauso wie die akribisch wiedergegebenen Arbeitsabläufe an einer solchen Großbaustelle. Doch das allein macht natürlich noch keinen guten Roman aus. Im Gegenteil, es könnte am Ende ein ziemlich ödes Sachbuch dabei herauskommen. Die wahre Kunst besteht darin, all dies mit dem Schicksal der Menschen zu verknüpfen, die in Coca arbeiten und es zu einem Abbild der Welt im Kleinen machen. Und das gelingt der Autorin vorzüglich. Der Roman ist selbst wie ein Bauwerk komponiert...Die Brücke von Coca ist insofern ein Gesellschaftsroman, als er unsere globalisierte Welt beispielhaft auf den Punkt bringt.«
Focus Online


»[Maylis de Kerangals] technisch präzise Darstellungen des Brückenbauwerks sind überaus beeindruckend. Genauso wie die akribisch wiedergegebenen Arbeitsabläufe an einer solchen Großbaustelle. Doch das allein macht natürlich noch keinen guten Roman aus. ... Die wahre Kunst besteht darin, all dies mit dem Schicksal der Menschen zu verknüpfen, die in Coca arbeiten, und es zu einem Abbild der großen, weiten, globalisierten Welt zu machen. Und das gelingt der Autorin vorzüglich.«
Sibylle Peine, Eßlinger Zeitung


In der fiktiven kalifornischen Stadt Coca soll eine Brücke ins waldige Hinterland gebaut werden. Mit einem am amerikanischen Realismus geschulten Drive inspiziert der Roman von Maylis de Kerangal die Baustelle, die selber zur Stadt heranwächst - ein Heer von Wanderarbeitern anzieht. Auf einer Drei-Milliarden-Dollar-Baustelle kann es nichts Privates geben, was standhalte, erklärt Diderot, und genau an dieser Spannung zwischen wirtschaftlichem Zwang und biografischer Widerständigkeit arbeitet sich der Roman ab. De Kerangal weiß, dass der Einzelne der Zurichtung durch technische und ökonomische Strukturen nicht entgeht, sie gestattet ihren Figuren aber genug Irrationalität, Hoffnung und Begehren, um die Geschichte exakt auszubalancieren: zwischen Eloge auf die flexible Wirtschaftswelt einerseits und modernekritischer Fabel andererseits. Denn das hat sie mit ihrer Hauptfigur gemein: Sie konstruiert makellos. Besprochen von Daniel Haas http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/1793980/

"Die Brücke von Coca" ist ein exakt komponierter, prall reichhaltiger, soziologisch genauer Roman mit spannendem Personal, der ein tolles Timing hat und so eine stimmige Balance schafft zwischen Information und Unterhaltung. Vielleicht nicht "der erste Roman über die Wirklichkeit der Globalisierung", wie der Verlag etwas großspurig behauptet. Aber auf jeden Fall ein herausragender.
(Ulrich Noller) http://www.funkhauseuropa.de/service/buchtipps/2012/buchtipp_120620.phtml

«Die Brücke von Coca» ist insofern ein Gesellschaftsroman, als er unsere globalisierte Welt beispielhaft auf den Punkt bringt. Ein politisches Statement ist damit allerdings nicht verbunden. Wer ist gut, wer ist böse? Der Bürgermeister, der Bauunternehmer, die Indianer? Das muss jeder Leser selbst entscheiden. Nur eins ist klar: Die Brücke wird am Ende gebaut. http://www.news.de/medien/855306126/die-bruecke-von-coca-das-leben-ist-eine-baustelle/1/

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen