30 Juni 2013

Eva Illouz - Die neue Liebesordnung - Lesen macht klug und schoen 1017

Ein gut gemachter Ratgeber, der zeigt, wie sich die Aporien zeitgenössischer heterosexueller Liebesbeziehung praktisch überwinden lassen.
Eva Illouz - Die neue Liebesordnung
Frauen, Männer und Shades of Grey


Suhrkamp Verlag, Berlin 2013
ISBN 9783518064870
Taschenbuch, 88 Seiten, 7,99 EUR
hier bestellen (Ab 25€ ist der Versand kostenfrei)


E. L. James' BDSM-Trilogie "Shades of Grey" war weltweit ein gigantischer Erfolg, insbesondere bei Frauen. Aber warum? 
Wegen des vermeintlich pornografischen Inhalts? 
Weil eine ausgeklügelte Marketingstrategie dahintersteckte? 
Eva Illouz liest die Trilogie vor dem Hintergrund der These, dass manche Bücher deshalb zu Bestsellern werden, weil sie ein tatsächlich bestehendes und weitverbreitetes sozio-kulturelles Problem zugleich darstellen und lösen. 
"Shades of Grey" ist ihr zufolge weder ein "Mamiporno" noch ein antifeministisches Machwerk, sondern funktioniert wie ein gut gemachter Ratgeber, der zeigt, wie sich die Aporien zeitgenössischer heterosexueller Liebesbeziehung praktisch überwinden lassen.



Eva Illouz, geboren 1961 in Fes, Marokko, studierte Soziologie, Kommunikationswissenschaft und Literaturwissenschaft in Paris, Jerusalem und Pennsylvania. Seit 2006 ist sie Professorin für Soziologie und Anthropologie der Hebräischen Universität in Jerusalem. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören die Soziologie der Emotionen, der Konsumgesellschaft und der Medienkultur.

Leseprobe

Zitat zum daily book heute:
 Für mich ist die Kunst des Interviews und des Verständnisses dessen, was die Leute machen, eine Gratwanderung. Ich bin nicht sicher, wie ich dies meinen Student/innen vermitteln würde. Es geht mir um den schmalen Grat zwischen Sympathie ­ das ist es, wovon Bourdieu spricht; diese Leidenschaft für das, was die Leute vor einem ausbreiten ­ und der Notwendigkeit, sich nicht vollständig davon absorbieren zu lassen, sich nicht total zu identifizieren. Das Wissen über die Gesellschaft muss im Hintergrund vorhanden sein, damit sich einem die Bedeutung dessen, was einem erzählt wird, erschließt. Auch hier gibt es eine Analogie zur Arbeit des Psychoanalytikers: Man muss zugleich in die Subjektivität einer Person eindringen und Distanz wahren. Ich denke, dass nicht alle Soziologen in diesem Punkt mit mir übereinstimmen würden ­ aber ich glaube, dass wir mit dieser Spannung zwischen "Verstehen" und "Distanz" arbeiten.
Eva Illouz
"Die heterosexuellen Frauen der Mittelschicht befinden sich in der merkwürdigen historischen Lage", so Illouz, "so souverän über ihren Körper und ihre Gefühle verfügen zu können wie nie zuvor und dennoch auf neue und noch nie dagewesene Weise von Männern dominiert zu werden." 
Eva Illouz

Presse:



Gespräch hören
Audio:"Die neue Liebesordnung" von Eva Illouz (21.06.2013) [WDR 3 Resonanzen]
http://www.wdr3.de/literatur/dieneueliebesordnung100.html
Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.06.2013
Originell, aber abwegig und letztlich nicht überzeugend findet Ingeborg Harms den Ansatz der Soziologin Eva Illouz, den Weltbestseller "Shades of Grey" als Lösung für die - interessanterweise durch die Gleichberechtigung entstandene - Benachteiligung der Frau in modernen Gesellschaften zu verstehen. Früher, so referiert die Rezensentin Illouz' These - wurden Liebesbeziehungen von Seiten des Mannes durch ein Beschützerverhältnis gegenüber der Frau bestärkt, was aber hält gleichberechtigte Paare zusammen? Bondage, so die Antwort, die Illouz laut Harms bei E.L. James gefunden zu haben meint. Für die Rezensentin verkennt diese Interpretation des Romans jedoch, dass dessen Protagonistin Ana selbst keine BDSM-Praktikerin ist und ihren angebeteten Multimilliardär Christian Grey in einer "weiblichen Orpheus-Fantasie" aus der "kalten Unterwelt der Psychose ins helle Licht des Familienlebens" zurückholt. Eher reaktionär als utopisch das Ganze, meint Harms.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.06.2013
Nicht erwärmen kann sich Ina Hartwig für Eva Illouz' Essay über den Welterfolg "Shades of Grey". Die Thesen, die die Soziologin vorbringt, um den Erfolg dieses Bestsellers zu erklären, scheinen ihr in keiner Weise überzeugend. Sie liest den Essay als unausgegorene Mischung aus Kapitalismus-Analyse und Begeisterung für die "Cleverness" der in "Shades of Grey" inszenierten SM-Rollenspielpraxis. Geradezu ärgerlich findet sie, wenn sich Illouz bei der Psychoanalyse bedient, von der sie nach Hartwigs Ansicht kaum Ahnung hat. Stattdessen findet sie in dem Buch viel "Küchenpsychologie" verbunden mit einem Glauben an Statistik und "soziologischer Coolness".

»Was uns fesselt, lässt uns frei: Die Sadomaso-Romantrilogie Shades of Grey ist ein Weltbestseller. Die Soziologin Eva Illouz findet darin den Schlüssel zum aktuellen Verhältnis zwischen den Geschlechtern ... Illouz liest den Bestseller als ›Roman einer Zivilisation‹: Einerseits erzähle das Buch verschlüsselt von den inneren Herausforderungen heterosexueller Beziehungen heute, andererseits funktioniere es wie ein sexueller Selbsthilfeleitfaden.«
Mara Delius, Die Welt (Literarische Welt)

»Die Soziologin Eva IlIouz, die moderne Liebesbeziehungen zu erklären vermag wie keine sonst, meint: Es geht weniger um sexuelle denn um ›kulturelle Phantasien‹ - und auch nicht um Unterwerfung ... Bereits in ihrem eigenen Bestseller mit dem schönen Titel Warum Liebe weh tut hat IIouz den rasanten Wandel des Beziehungsmarktes skizziert.«
Britta Heidemann, derwesten.de

»Als Archäologin des Liebeslebens, die den Alltag von Paaren exakt erforscht, sieht Illouz in der Romantrilogie ein Beziehungskonzept, das genau in unsere Zeit passt und dessen Analyse hohen Erkenntnisgewinn verspricht.«
Roland Mischke, St. Galler Tagblatt


Bereits in unserem daily book blog vorgestellt:

Lesen macht klug und schoen 497 - Eva Illouz - Warum Liebe weh tut:
»Über Liebe wird man nicht mehr diskutieren können, ohne sich auf dieses Buch zu beziehen.«
Eva Illouz - Warum Liebe weh tut
Eine soziologische Erklärung






Weitere Literatur der Autorin bei Lillemors:

Illouz, Eva
Adorno Vorlesungen 2004. Die kollektive Utopie der Liebe, einst als Transzendierung des Marktes idealisiert, ist im Prozeß...  
Suhrkamp
9,00 €
Illouz, Eva
Liebe und die kulturellen Widersprüche des Kapitalismus.  
Suhrkamp
12,00 €
Illouz, Eva
Die Errettung der modernen Seelen
Therapien, Gefühle und die Kultur der Selbsthilfe
 
Cover: Illouz, Eva: Die Errettung der modernen Seele
In ihrem neuen Buch untersucht die israelische Sozilogin Eva Illouz, wie sich der therapeutische Diskurs auf unser kulturelles...  
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26,80 €
Illouz, Eva
Eva Illouz untersucht in ihrem vielbeachteten Buch,wie sich der therapeutische Diskurs auf unser kulturelles und emotionales...  
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15,00 €
Illouz, Eva
Warum Liebe weh tut
Eine soziologische Erklärung
 
Cover: Illouz, Eva: Warum Liebe weh tut

Gibt es einen Unterschied zwischen dem Liebeskummer zu Zeiten Jane Austens und der Art und Weise, wie wir ihn heute erfahren...  
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14,00 €
Illouz, Eva
Die neue Liebesordnung
Frauen, Männer und Shades of Grey
 
Cover: Illouz, Eva: Die neue Liebesordnung
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