10 September 2011

Lesen macht klug und schoen 452 -Angelika Klüssendorf - Das Mädchen

Shortlist Deutscher Buchpreis 2011 bekanntgegeben 

Bekanntgabe am 10.Oktober 2011 - wir sind gespannt !
»Angelika Klüssendorf, die kühle Meisterin unter den Meistern der Gesellschaftsprosa, analysiert präziser als John Updike und konsequenter als Max Frisch, sie schreibt böser als Thomas Bernhard und pointierter als Ingeborg Bachmann. Fürchterlich, aber grandios.«

Angelika Klüssendorf - Das Mädchen
Roman

Cover: Das Mädchen
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2011
ISBN 9783462042849
18,99 EUR 



Klüssendorf, Angelika - Das Mädchen -  Gelesen von Julia Nachtmann als Hörbuch
4 CDsm ungekürzte Lesung
Hörbuch Hamburg
ISBN 978-3-89903-344-1   
ca.19,99€
Hier bestellen


Die berührende Geschichte einer Selbstbehauptung


Angelika Klüssendorf erzählt von einem jungen starken Mädchen, das sich herausarbeitet aus allem, was sie umgibt und niederhält: die tyrannische Mutter, die autoritären Lehrer, der bürokratische Staatsapparat.


Am Anfang scheint alles schon zu Ende zu sein: Der Vater trinkt und taucht nur sporadisch auf, die Mutter lässt ihre Wut an den Kindern aus, die Klassenkameraden meiden das Mädchen, der jüngere Bruder kapselt sich völlig ab. Und doch gibt es eine Kraft, die das Mädchen trägt. Die Bilder aus »Brehms Tierleben«, die sie bewundert, der Traum vom kleinen Haus mit Garten auf dem Lande, Grimms Märchen. Und immer wieder Menschen, die ihr etwas bedeuten und die sie halten. Eines hat sie gelernt: Man muss sich holen, was man braucht. Auch wenn sie mehrfach beim Ladendiebstahl erwischt und schließlich ins Heim gesteckt wird, kann sie sich auch dort auf die neue Lage einstellen. Und das Kinderheim wird auf überraschende Weise zu einem Refugium, wo Kindheit erstmals gelebt werden kann.


Mit ihrer klaren, knappen, präzisen Prosa, großer Lakonie und trockenem Humor versetzt Angelika Klüssendorf den Leser in eine Welt, die das Kindsein kaum zulässt. Atemlos folgt man einer Heranwachsenden, die nichts hat, worauf sie sich verlassen kann, und trotzdem den Lebenswillen nicht verliert – kein bemitleidenswertes Opfer, sondern ein starker, abgründiger Charakter. Ein literarisches Meisterwerk!





Angelika Klüssendorf, geboren 1958 in Ahrensburg, lebte bis zu ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik 1985 in Leipzig; heute lebt sie in Berlin. Sie veröffentlichte u.a. die Erzählungen "Sehnsüchte", "Anfall von Glück" und zuletzt den Roman "Alle leben so".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.08.2011

Dies ist, findet der Rezensent Friedmar Apel, ein zwar großartiger, aber angemessen unerfreulicher Roman über eine sehr unangenehme Kindheit. Stattgefunden hat sie in der DDR, und da wiederum in einer Unterschicht, die es der Staatsideologie zufolge gar nicht hätte geben dürfen. Aus einer komplett dysfunktionalen Familie - Vater schlägt Mutter schlägt Tochter schlägt Bruder - entkommt die Hauptfigur in ein Kinderheim und muss das geradezu als Glück betrachten. Von dort aus kommentiert werden die Werte sozialistischer Moral und angesichts des Heimleitungspersonals kommt es zu offenbar gut nachvollziehbaren "Zerstückelungsphantasien". Der Rezensent hält fest, dass dies in der dritten Person erzählt wird, macht aber zugleich recht klar, dass er das Ganze für recht autobiografisch hält. Bewundernswert findet er es, wie nüchtern und nie "tränenselig" Angelika Klüssendorf diese "schrecklich traurige Geschichte" erzählt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.08.2011

Einen "gleißenden Gesellschaftsroman" hat Rezensent Helmut Böttiger hier gelesen. Es geht darin um ein namenloses Mädchen, das in einem von Verwahrlosung und Brutalität geprägten Umfeld aufwächst und unaufhaltsam dem sozialen Abstieg entgegensteuert, wie er berichtet. In der DDR spiele die Geschichte, und dennoch hält der Rezensent sie für hochaktuell. Die Gefühlskälte und die Egozentrik der Mutter, die Einsamkeit und Verzweiflung der Tochter, kurz: Alles, was den Roman so erschütternd lesenswert mache, hat nach Meinung Böttigers kaum etwas mit dem historischen Setting zu tun, sondern zunächst und vor allem mit der Sprache Angelika Klüssendorfs. "Radikale Beschränkung" sei deren hervorstechendstes Merkmal, denn auf Kommentare, Urteile und Erklärungen werde konsequent verzichtet. So entstehe ein "Knochengerüst", welches das Hineinwachsen eines jungen Menschen in eine Außenseiterrolle gänzlich unromantisch, dafür aber umso eindringlicher rekonstruiere, resümiert der ergriffene Kritiker.

 »Angelika Klüssendorf, die kühle Meisterin unter den Meistern der Gesellschaftsprosa, analysiert präziser als John Updike und konsequenter als Max Frisch, sie schreibt böser als Thomas Bernhard und pointierter als Ingeborg Bachmann. Fürchterlich, aber grandios.«
Die Zeit



Bücher von Angelika Klüssendorf

 

Klüssendorf, Angelika: Amateure. Erzählungen


Cover: Amateure
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 310038203X, Gebunden, 143 Seiten, 16,95 EUR
Amateure leben das Leben so, als ob es nur die Probe wäre. Sie machen Fehler, sie sind einfach nicht gut genug. In der Liebe scheitern sie schon, bevor sie überhaupt angefangen haben. Aber muss man wirklich ein Held sein, um dieses Leben zu bestehen? Angelika Klüssendorf schreibt vom Abenteuer, ein eigenes Leben zu wagen, vom Versuch, ...

Klüssendorf, Angelika: Aus allen Himmeln. Erzählungen

Cover: Aus allen Himmeln
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3100382021, Gebunden, 142 Seiten, 14,90 EUR
Das Haus des Lebens hat einen Keller - die Kindheit. In diesem Keller wohnen Schatten und Dämonen, die nicht weichen wollen. Angelika Klüssendorf bannt sie, indem sie von ihnen erzählt: von dem Vater, der sich jedes Jahr zu Ostern das Leben zu nehmen versucht, und von der Mutter, die ihre Tochter mit dem Einkaufszettel zum Ladendiebstahl ...

Klüssendorf, Angelika: Alle leben so. Roman 

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3100382013, Gebunden, 192 Seiten, 18,90 EUR

Alles beginnt damit, dass einer seine Schulden eintreiben will. Doch wer glaubt schon, man könne heute Schulden eintreiben, ohne an Liebe und Lust zu denken? Der Gerichtsvollzieher will nur sein Geld, aber er bekommt Gefühle. Er will vollstrecken, doch er setzt eine Geschichte in Gang. Wenn einer schon pfänden will, jagen sich die Schuldner, ...

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