28 September 2011

Lesen macht klug und schoen 470 - Lydia Davis - Formen der Verstörung

»Umwerfend komisch, erschreckend, vom Feinsten. Davis ist eine Magierin in Sachen Selbst-Bewusstsein.«

Lydia Davis - Formen der Verstörung
Erzählungen


Droschl Verlag
ISBN: 9783854207849
22.- € Hier bestellen

Aus dem Amerikanischen von Klaus Hoffer  Platz 4 der SWR-Bestenliste September 2011

Lydia Davis wird in den USA gerühmt als »eine unserer originellsten und einflussreichsten Autorinnen«, eine Erzählerin mit ungewöhnlicher emotionaler Schärfe, formellem Einfallsreichtum und der Fähigkeit, uns genau dort festzuhalten, wo wir uns mental oder seelisch zu entgleiten drohen oder im Kreis gehen.

Mit ihrer vierten Story-Sammlung Varieties of Disturbance, 2007, schrieb sich Lydia Davis endgültig in die Reihe der Klassiker der Moderne ein. Ihre Themen sind überaus vielfältig: von den Irritationen bei der Betrachtung eines Säuglings, über die Vorbereitungen, die Kafka für ein Abendessen mit Milena trifft, bis zur Untersuchung einer Reihe von Briefen einer Schulklasse aus dem Jahr 1952 an einen kranken Mitschüler. Sowohl alltäglich als auch ungemein überraschend sind diese Geschichten, unterschiedlichst in der Form, von einem sehr trockenen Witz; viele haben nur die Länge eines Satzes.

Wem es in der Literatur um eine Erforschung des Denkens geht, um eine Erkundung unserer Phantasie- und Geistestätigkeiten, um den Imaginationsraum, den jedes Erzählen zu öffnen in der Lage sein sollte, für den sind die Geschichten von Lydia Davis Schatzkammern literarischer Erfindung. Nicht nur, dass sie alltagsneurotische Phantasien und Überlegungen in originellster Weise sprachlich dingfest machen – es sind auch raffinierte Kommentare zum Erzählen selbst, ob sie nun Kafka selbst sprechen lassen, Beckett neuschreiben oder unterschiedliche Proust-Übersetzungen auf ihre Alltagstauglichkeit überprüfen.






Lydia Davis, »eine der stillen Giganten in der Welt der amerikanischen Literatur« (Los Angeles Times), wurde 1947 in Northampton, Massachusetts, geboren, wuchs dort und in New York (und vorübergehend auch in Graz) auf, lebte längere Zeit in Irland und Frankreich und heute wieder in New York.

In ihrer Zeit in Paris begann sie zu übersetzen, zuerst für den Film und für Kunstgalerien, danach literarische Texte, u. a. von Blanchot, Butor, Jouve und Leiris; letztes Jahr erschien ihre preisgekrönte Neuübersetzung des ersten Bandes von Prousts Recherche.

Ihre Erzählungen und Stories liegen gesammelt vor in den Bänden Break it Down (1986), Almost No Memory (1997, Fast keine Erinnerung, Droschl 2008), Samuel Johnson is Indignant (2002) und Varieties of Disturbance (2007, <="" i="">, Droschl 2011) - sowie in den Collected Stories (2009).
1995 erschien ihr Roman The End of the Story (Das Ende der Geschichte, Droschl, 2009).





Pressestimmen:

»Geistreich, gewandt, ironisch, voller Understement und permanenter Überraschungen« (Joyce Carol Oates)

»Umwerfend komisch, erschreckend, vom Feinsten. Davis ist eine Magierin in Sachen Selbst-Bewusstsein.« (Jonathan Franzen)

»Raffinierte Stories mit hintergründigem Witz und von französischer Prägnanz.« (Jeffrey Eugenides)

»Wonach sie trachtet, ist: Wahrheit.« (Dave Eggers)

»Die beste Prosastilistin Amerikas.« (Rick Moody)

»Ein in seiner Kombination von luzider Klarheit, aphoristischer Kürze, formaler Originalität, listiger Komik, metaphysischer Düsterkeit, philosophischer Stringenz und menschlicher Weisheit in der amerikanischen Literatur wohl einzigartiges Werk.« (James Wood, New Yorker)

»Lydia Davis ist eine Meisterin der kleinen Form. Ihre kurzen und Kürzest-Geschichten verwirren und amüsieren.« (Manuela Reichart, WDR 3)

Textauszug:

Für sechzig Cent

Du bist in Brooklyn in einem Coffee Shop, du hast nur eine Tasse Kaffee bestellt, und der Kaffee kostet sechzig Cent, was dir viel vorkommt. Aber es ist nicht so viel, wenn man bedenkt, dass man sich für die gleichen sechzig Cent die Benützung einer Tasse und Untertasse mietet, ein Sahnekännchen aus Metall, einen Plastikbecher, einen kleinen Tisch und zwei schmale Bänke. Darüber hinaus stehen einem, abgesehen vom Kaffee und der Sahne, falls erwünscht, Wasser mit Eiswürfeln zur Verfügung und, in dem entsprechenden Spender, Zucker, Salz, Pfeffer, Papierservietten und Ketchup. Dazu kommt man für eine unbestimmt lange Zeit in den Genuss der Klima-anlage, die den Raum perfekt kühlt, des starken elektrischen Lichts, das jeden Winkel des Raums ausleuchtet, so dass nirgendwo ein Schatten hinfällt, des Blicks auf die Leute, die draußen in der Sonne und im Wind auf dem Gehsteig vorbeidefilieren, und der Gesellschaft der Leute drinnen, die lachen und in endlosen Variationen einen eher grausamen Witz auf Kosten einer kleinen rothaarigen Frau mit schütter werdendem Haar abwandeln, die am Tresen sitzt, wo ihre überkreuzten Beine vom Hocker baumeln, und die sich Mühe gibt, mit ihrem kurzen, weißen Arm auszuholen, um dem am nächsten stehenden Mann ins Gesicht zu schlagen.
 

Bücher von Lydia Davis

Davis, Lydia: Das Ende der Geschichte. Roman

Cover: Das Ende der Geschichte
Droschl Verlag, Graz 2009, ISBN 3854207611, Gebunden, 254 Seiten, 21,00 EUR
Aus dem Amerikanischen von Klaus Hoffer. In ihrem einzigen Roman "Das Ende der Geschichte" zeichnet Lydia Davis eine obsessive Liebesgeschichte und deren Erinnerungsspuren nach. Eine 35-jährige Schriftstellerin verliebt sich in einen viel jüngeren Mann, wird durch diese Erfahrung zutiefst irritiert und zeigt nach und nach alle Symptome ... 

Davis, Lydia: Fast keine Erinnerung. Stories

Cover: Fast keine Erinnerung
Droschl Verlag, Graz 2008, ISBN 3854207352, Gebunden, 182 Seiten, 19,00 EUR
Aus dem Amerikanischen von Klaus Hoffer. Ob konventionellere und klassische Sujets - eine Reise durch Russland in den Kaukasus, ein karger Winter in äußerster Mittellosigkeit in einem südfranzösischen Bauernhaus, Träume vom idealen Cowboy-Mann, ein Nachmittag, umringt von Familien im Park - oder Gedankenspiele am Rand zum ...

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