Anastasius Rosenstengel, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts als Prophet umherzog, als Musketier kämpfte hieß tatsächlich Catharina Linck, die für ihr erfundenes Leben zum Tod verurteilt wurde.
Angela Steidele - Rosenstengel
Ein Manuskript aus dem Umfeld Ludwigs II.
Matthes & Seitz
383 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3-95757-136-6
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München 1884: Der junge Irrenarzt Franz Carl Müller gewinnt durch einen Zufall das Vertrauen des bayerischen Märchenkönigs Ludwigs II. Unter dessen großer Anteilnahme erforscht Müller das Leben eines gewissen Anastasius Rosenstengel, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts als Prophet umherzog, als Musketier kämpfte und schließlich heiratete, die Ehe aber mit einer ‘ledernen Wurst’ vollzog - denn Rosenstengel hieß tatsächlich Catharina Linck, die für ihr erfundenes Leben zum Tod verurteilt wurde. Während Ludwigs Entmachung droht, erforschen die beiden das Verhältnis von Geschichte und Gegenwart, Täuschung und Wahrheit, Wissenschaft und Wahn, Mann und Weib, König und Untertan. Virtuos verwebt Angela Steidele historische Zeugnisse authentischer Lieben und Leiden zu einem literarischen Meisterstück über die Erfindung aller und jener Geschichte: Leben ist auch nur Kunst.
Als der bayerische Märchenkönig Ludwig II. durch den Arzt Franz Carl Müller zufällig von dem delikaten Fall des Anastasius Rosenstengel erfährt, lässt ihn dessen eigentümliches Schicksal nicht mehr los. Er drängt den Mediziner, ihn in seine Recherchen einzuweihen, die Unglaubliches zutage fördern: Rosenstengel zog als Prophet umher, kämpfte als Musketier im Spanischen Erbfolgekrieg und heiratete mit kirchlichem Segen, um schließlich der Maskerade überführt zu werden – einer Maskerade, die alle Grenzen überschreitet. Denn Rosenstengel war in Wahrheit ein Weibsbild mit Namen Catharina Linck. Nachdem man auch noch eine »lederne Wurst« in ihrer Hose entdeckte, mit der sie die Ehe vollzogen und »unterschiedliche Wittwen caressiret« hatte, führte man sie 1721 dem Henker vor. Jedes Detail, das sich der faszinierte Monarch während nächtlicher Schlittenfahrten, in der Venusgrotte von Schloss Linderhof oder im tropischen Wintergarten der Münchner Residenz berichten lässt, bringt den jungen Arzt und den einsamen König einander näher, bald geraten beide in einen Strudel tiefer Verwirrung: Wo verläuft die Grenze zwischen wissenschaftlicher Leidenschaft und verbotenem Begehren, Täuschung und Wahrheit, Perversion und Normalität, Mann und Weib, König und Untertan?
Die emotionale Verunsicherung steigert sich im Angesicht höfischer Intrigen zur ernsthaften Gefahr, und Müller steht vor der Entscheidung, den König entmündigen zu lassen – oder ihn vor den Verschwörern zu retten.
Mal zärtlich, mal deftig entwirft Angela Steidele einen atemberaubenden historischen Briefroman über Trug, Wahn, Leidenschaft und Irrsinn. Und über die Frage, wie viel Liebe das Leben und wie viele Leben die Liebe fassen kann.
Angela Steidele, geb. 1968, Dr. phil, erforscht und erzählt historische Liebesgeschichten. Sie veröffentlichte u. a. In Männerkleidern. Das verwegene Leben der Catharina Linck alias Anastasius Rosenstengel (2004) sowie Geschichte einer Liebe: Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens (2010). Angela Steidele, erforscht die Geschichte der Frauenliebe vor Erfindung der »Homosexualität« (1869). Ihrer Dissertation »Als wenn du mein Geliebter wärest.« Liebe und Begehren zwischen Frauen in der deutschsprachigen Literatur 1750-1850 (Stuttgart: Metzler, 2003) folgte die Biographie der letzten Frau, die in Europa wegen der so genannten Unzucht mit einer anderen Frau hingerichtet wurde: »In Männerkleidern.« Das verwegene Leben der Catharina Margaretha Linck alias Anastasius Lagrantinus Rosenstengel, hingerichtet 1721 (Köln: Böhlau, 2004). Das Buch wurde mit dem Gleim-Literaturpreis ausgezeichnet. Ihr erster Titel im Insel Verlag, Geschichte einer Liebe: Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens erzählt von der wechselvollen Beziehung zweier Frauen an der Schwelle zur lesbischen Identität der Moderne. Angela Steidele lebt, schreibt und gärtnert in Köln.
Presse:
»Das herausragende Römandebüt in diesem Jahr, es war ein großes Vergnügen für mich dieses Buch zu lesen, zu entdecken, weil es eine unglaubliche Form für einen unglaublichen Inhalt«, Denis Scheck
»Rosenstengel« Angela Steidele im Gespräch im Deutschlanfunk: Sendezeit
02.12.2015 20:30 - 21:00
SHORTLIST BAYERISCHER BUCHPREIS 2015:
Es ist ein verwirrendes Buch, seine Lektüre erfordert echt Arbeit. Äußerlich erscheint es freundlich bis lieblich: auf pinken Grund ist eine Barockfigur in Gold eingeprägt (Buchgestaltung Judith Schalansky). Trotz des ansprechenden Äußeren musste ich mehrere Anläufe nehmen, die Sprache vergangener Jahrhunderte versperrte mir anfangs den Zugang, die relativ kleine Schrift und vor allem Misstrauen gegenüber dem historischen Gehalt.
'Angela Steidele zeichnet den Lebensweg Lincks detailliert nach. Nachdem Catharina das Waisenhaus verlassen hatte, arbeitete sie im Textilhandwerk. In einer radikalpietistischen Täufersekte ließ sie sich dann als Mann auf den Namen Anastasius Lagrantinus Rosenstengel taufen, doch bereits davor hatte sie ihre Frauen- gegen Männerkleider getauscht. Nachdem sie sich erfolglos als Prophet versucht hatte, kehrte sie in Frauenkleidern nach Halle zurück. Während ihrer folgenden Soldatenkarriere (1705-1711) rettete ihr die Offenbarung ihres weiblichen Geschlechts das Leben, als sie wegen Desertion hätte gehängt werden sollen. Auch später trat Catharina mal in Frauen-, mal in Männerkleidern beziehungsweise -rolle auf. In Halberstadt bekräftigte sie 1717 ihren Männerstatus, indem sie als Anastasius Rosenstengel Catharina Margaretha Mühlhahn heiratete. Doch die Aufgabe, als Ehemann für das Familienauskommen zu sorgen, fiel Linck schwer. '
http://www.sehepunkte.de/2005/06/4597.html
Weitere Literatur der Autorin:
Geschichte einer Liebe: Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens
Angela Steidele
Geschichte einer Liebe: Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens
»Die Geschichte dieser beiden ist eine der ganz großen Liebesgeschichten, wie sie in diesem Format – mal melodramatisch, mal opernhaft, mal von singspielartiger Komik, voll von bösen Kindern oder Brüdern, mißgünstigen Erben und großzügigen Revolutionären, mit Schauplätzen in Weimar, Rom und Köln, mit Umsturz, Bankrott und italienischen Höhepunkten – wohl nur das 19. Jahrhundert hervorbrachte.«
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