01 August 2016

Lesen macht klug und schoen 1234 - Siri Hustvedt - Die gleißende Welt

Weibliche Kunst wird anders gesehen und bewertet als Werke von Männern. Die Heldin in Siri Hustvedts neuem Roman "Die gleißende Welt" will das nicht hinnehmen. 

Siri Hustvedt - Die gleißende Welt
Roman


Rowohlt Verlag, Reinbek 2015
ISBN 9783498030247
Gebunden, 496 Seiten, 
22,95 EUR
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Aus dem Amerikanischen von Uli Aumüller. "Die gleißende Welt" ist der Titel eines utopischen Romans von Margaret Cavendish, die im 17. Jahrhundert als eine der ersten Frauen überhaupt unter ihrem eigenen Namen publizierte. Als frühe Universalgelehrte ist sie Vorbild und Idol von Harriett Burden, der Witwe eines einflussreichen New Yorker Galeristen. Nach dessen vorzeitigem Tod in den siebziger Jahren beginnt Harriett - in der öffentlichen Wahrnehmung nichts als die Frau an der Seite des berühmten Mannes, aber in Wahrheit hochtalentiert - ein heimliches Experiment: eine Karriere als Installationskünstlerin, die sich hinter dem angeblichen Werk dreier männlicher "Masken" verbirgt, das in Wahrheit sie selbst erschaffen hat. Doch der Faustische Handel schlägt fehl - einer dieser Maskenmänner, selbst ein bekannter Künstler, durchkreuzt ihr Rollenspiel und setzt sein eigenes dagegen, und es kommt zum Kampf zweier großer Geister.

Siri Hustvedt wurde 1955 in Northfield, Minnesota, als älteste von vier Töchtern eines norwegisch-amerikanischen Professors für Skandinavistik und einer norwegischen Einwanderin geboren. Nach dem Besuch des St. Olaf College in Northfield, das sie 1977 mit B.A. in Geschichte abschloss, arbeitete sie zunächst als Kellnerin. 1978 ging sie zum Studium nach New York. 1979 erwarb sie an der  Columbia University den M.A. in Anglistik. 1986 wurde sie mit einer Arbeit über Charles Dickens ('Figures of Dust. A Reading of 'Our mutual friend'") zum PhD promoviert. Im Februar 1981 lernte sie den Schriftsteller Paul Auster kennen, den sie 1983 heiratete und mit dem sie einen Stiefsohn und eine Tochter hat. Heute arbeitet Siri Hustvedt als Schriftstellerin, Essayistin und Übersetzerin aus dem Norwegischen.


Presse:

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.07.2015
Für Katharina Granzin liegt der besondere Reiz von Siri Hustvedts Künstlerinnenroman in der Art und Weise, wie die Autorin sich dem Vorwurf einer schlichten Nabelschau der New Yorker Kunstszene und wohlfeilen genderpolitischen Positionierung entzieht. Indem Hustvedt eine widersprüchliche Hauptfigur erschafft, das Thema eines männlich dominierten Kunstbetriebs spielerisch und mit einer Vielfalt von literarischen Formen (wissenschaftliche Materialsammlung, Tagebuch), Stimmen und Perspektiven angeht und geschickt Leerstellen setzt, meint Granzin, erhält der Roman Größe.




Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.06.2015
Judith von Sternburg hat kein Problem mit einer extrem gebildeten Heldin in diesem offensichtlich raffiniert konstruierten Roman von Siri Hustvedt. Wenn die Protagonistin mit Lesefrüchten von Aby Warburg bis Judith Butler protzt, schaut Sternburg zu ihr hoch. Ebenso respektabel erscheint ihr Hustvedts Haltung zu einem Kunstbetrieb, den sie im Buch zwar durch Imitation entblößt, doch nicht verspottet. Virtuos, wie die Autorin ihre Geschichte einer Künstlerin zwischen feministischen Positionen und soziologischen Erkenntnissen hindurch vielstimmig und vielfältig zu erzählen vermag und den Text dennoch nicht bersten lässt, findet die Rezensentin.



Rezensionsnotiz zu Die Welt, 09.05.2015
Siri Hustvedt schont den Rezensenten nicht. Claus-Ulrich Bielefeld ächzt unter dem Ballast einer feministisch aktiven Künstlerinnenerzählung, die Kunstbetriebsporträt und philosophischer Essay in einem sein möchte. Dass Hustvedt sich glänzend auskennt in der New Yorker Kunstszene, will Bielefeld allerdings gar nicht bezweifeln, und wenn im Buch fußnotenreich über Rezeptionsästhetik und Geschlechterdifferenz doziert wird, fühlt sich der Rezensent letztlich doch angesprochen und aufgefordert, die Anstrengungen der Lektüre auf sich zu nehmen.



Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.05.2015
Etwas monströs, aber auch brillant und schließlich gelungen findet Rezensentin Meike Fessmann Siri Hustvedts Versuch, einen Essay über das Künstlerinnendasein unter Männern in Romanform zu gießen. Fragen um Ruhm und Anerkennung stellt die Autorin anhand einer fiktiven Künstlerin-Figur in der New Yorker Szene in der Zeit um 9/11 herum, erläutert Feßmann. Hustvedts Idee, Leben und Werk der Künstlerin mittels Herausgeberfiktion zu präsentieren, scheint der Rezensentin ebenso überzeugend wie die mit einigem diskursiven Aufwand zutage geförderten Wahrheiten, auch wenn der im Buch dargestellte Kunstmarkt eher museal wirkt, wie Feßmann findet.


Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.04.2015
Julia Voss ist hellauf begeistert von Siri Hustvedts Roman "Die gleißende Welt", dessen Protagonistin Harriet Burden sie als eine jener Figuren erkennt, die sich einem für lange Zeit ins Gedächtnis eingraben. Das Buch ist einerseits also ein Roman, der die Geschichte einer erfolglosen New Yorker Künstlerin erzählt, die sich vermittels eines Tricks an der Kunstszene rächen will, indem sie ihre Arbeiten drei jungen Burschen unterschiebt, die dann natürlich auch gefeiert werden, während Burden den richtigen Augenblick für ihre "bartlose Überraschung" abwartet, fasst die Rezensentin zusammen. Es ist aber auch ein experimenteller Essay - samt Fußnoten -, der aus zahlreichen Perspektiven einen Kampf gegen das schrittweise Verstummen des Stimmkonzerts in einem Menschen beschreibt, der in eine Rolle gezwängt und als Einheit gesehen wird und sich entsprechend kohärent zu betragen hat, erklärt Voss. Kein Wunder, dass Hustvedt diesen Roman nicht mit bloß einer Stimme schreiben wollte, findet die Rezensentin.



Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.04.2015
Angesichts der diskursverliebten Fußnoten in Siri Hustvedts Roman, angesichts der Anspielungsdichte im Text und des experimentellen Aufbaus aus Erzählfragmenten, fiktiven Zeitungsartikeln und Zeitzeugenberichten fühlt sich Susanne Mayer von "Die gleißende Welt" nicht ausreichend verzaubert. Die Geschichte der so talentierten wie erfolgslosen Künstlerin mit dem laut hallenden Namen Harriet Burden, die sich der männlich dominierten Kunstwelt wegen ein männliches alter Ego entwirft, mag psychologisch und philosophisch komplex sein, die Flucht ins "Heil der fiktiven Rute" einen nach wie vor notwendigen kritischen Impuls geben, aber als Fiktion funktioniert das Buch leider nicht, bedauert die Rezensentin, die lieber einfach Hustvedts Essays läse.


andere Titel der Autorin:

Siri Hustvedt: Leben, Denken, Schauen. Essays

Cover: Siri Hustvedt. Leben, Denken, Schauen - Essays. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2014.
Rowohlt Verlag, Reinbek 2014, ISBN 9783498030223, Gebunden, 496 Seiten, 24,95 EUR
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Siri Hustvedt: Der Sommer ohne Männer. Roman

Cover: Siri Hustvedt. Der Sommer ohne Männer - Roman. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2011.
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Aus dem Englischen von Uli Aumüller. Die New Yorker Dichterin Mia und der Neurowissenschaftler Boris haben eine Ehekrise. Boris möchte eine "Pause". Mia stellt fest, dass die Pause… mehr lesen

Siri Hustvedt: Die zitternde Frau. Eine Geschichte meiner Nerven

Cover: Siri Hustvedt. Die zitternde Frau - Eine Geschichte meiner Nerven. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2010.
Rowohlt Verlag, Reinbek 2010, ISBN 9783498030025, Gebunden, 236 Seiten, 18,90 EUR
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Siri Hustvedt: Die Leiden eines Amerikaners. Roman

Cover: Siri Hustvedt. Die Leiden eines Amerikaners - Roman. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2008.
Rowohlt Verlag, Reinbek 2008, ISBN 9783498029852, Gebunden, 416 Seiten, 19,90 EUR
Aus dem Englischen von Uli Aumüller und Gertraude Krueger. Geheimnisse haben hier die Toten wie die Lebenden. Etwa der Erzähler Erik Davidsen, ein geschiedener Psychiater, der einsam in… mehr lesen

Siri Hustvedt: Being a Man. Essays

Cover: Siri Hustvedt. Being a Man - Essays. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2006.
Rowohlt Verlag, Reinbek 2006, ISBN 9783499243912, Gebunden, 191 Seiten, 12,00 EUR
"Being a Man" spiegelt die oft überraschenden und immer treffenden Ansichten Siri Hustvedts zu Literatur, Kunst und Kultur wider. Immer leidenschaftlich, immer klar, immer ehrlich entlarvt sie kulturelle… mehr lesen

Siri Hustvedt: Was ich liebte. Roman

Cover: Siri Hustvedt. Was ich liebte - Roman. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2002.
Rowohlt Verlag, Reinbek 2002, ISBN 9783498029715, Gebunden, 277 Seiten, 22,90 EUR
Aus dem Amerikanischen von Uli Aumüller, Erica Fischer und Grete Osterwald. New York, 1975. Der Kunsthistoriker Leo Hertzberg entdeckt in einer der zahlreichen Galerien der Stadt ein Gemälde… mehr lesen

Siri Hustvedt: Nicht hier, nicht dort. Essays

Cover: Siri Hustvedt. Nicht hier, nicht dort - Essays. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2000.
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2000,ISBN 9783498029524, Gebunden, 224 Seiten, 19,43 EUR
Aus dem Amerikanischen von Uli Aumüller. In "Nicht hier, nicht dort" sind zum ersten Mal Siri Hustvedts essayistische Schriften versammelt. Der Titel ist programmatisch: Sie bezieht ihn auf… mehr lesen

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