Alissa Ganijewa - Eine Liebe im Kaukasus
Roman
Suhrkamp Verlag, Berlin 2016
ISBN 9783518425541
Gebunden, 240 Seiten,
22,00 EUR
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Alissa Ganijewa, eine mutige, weltoffene Schriftstellerin, erzählt diese Liebesgeschichte in zarten, rebellischen, zornigen Sätzen. Dialogreich, in komischen, oft skurrilen Szenen zeichnet sie das Bild einer Gesellschaft, in der globalisierte Lebensformen und traditionell geprägte Familienstrukturen, Archaik und Moderne aufeinanderprallen, während Korruption und Terrorgefahr ihr buchstäblich die brüchigen Fundamente wegzusprengen drohen.
Marat, ein junger Anwalt, kehrt aus Moskau in seine Siedlung am Kaspischen Meer zurück. Seine Eltern haben bereits den Hochzeitssaal gebucht. Sie sind fieberhaft dabei, ihrem Sohn eine geeignete Braut zu präsentieren, während ihn der Fall einer ermordeten Bürgerrechtlerin nicht loslässt. Patja, auch sie aus Moskau zurückgekehrt, versucht sich vor den Nachstellungen Timurs in Sicherheit zu bringen, mit dem sie sich fünf Monate lang auf Facebook geschrieben hat und der sie, zur Freude der Eltern, partout heiraten will.
Die Präsentation der Kandidaten, ein wandernder Brautzirkus, führt quer durch die Milieus. Während des Vorstellungsmarathons kreuzen sich die Wege von Patja und Marat, die sich heftig ineinander verlieben. Romeo und Julia auf dem kaukasischen Dorf? Die Sache geht in der Tat nicht gut aus. Doch nicht die Eltern haben dabei ihre Finger im Spiel, sondern ein mafiotischer Krimineller, der zur falschen Zeit aus dem Gefängnis entlassen wird.
Alissa Ganijewa, geboren 1985, wuchs in Machatschkala/Dagestan auf und lebt heute als Literaturkritikerin und Autorin in Moskau. Ihr Debüt, die unter männlichem Pseudonym veröffentlichte Erzählung Salam, Dalgat, löste heftige Reaktionen aus. Die russische Mauer, ihr erster Roman, wird zur Zeit in mehrere Sprachen übersetzt.
Presse:
Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 31.12.2016
So kritisch die Autorin dagestanische Verhältnisse zwischen Salafismus und organisierter Ehe unter die Lupe nimmt, so versöhnlich klingt das Ende ihres Romans auf symbolischer Ebene, meint Ilma Rakusa. Alissa Ganijewas Text begeistert die Rezensentin mit einem scharfen, gnadenlosen Blick auf die Verhältnisse, einem raffinierten Aufbau, vielen Perspektivwechseln und einer idiomatischen Sprache. Wie die Protagonistin in letzter Minute von einem Engel vor der Zwangsverheiratung gerettet wird und Ganijewa den Irrwitz des Aberglaubens im Kaukasus, die kaputte postsowjetische Welt und die Haltbarkeit von Familienbanden vorführt, findet Rakusa stark.
Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.11.2016
Rezensent Moritz Scheper freut sich über einen neuen Roman der jungen, "gewitzten" Autorin Alissa Ganijewa. Wie Ganijewa mit einer ordentlichen Portion Melodramatik ihr Heimatland Dagestan verpackt in einer Liebesgeschichte beschreibt, von Moskauer Moderne und archaischer Realität erzählt und dabei in "schnoddrigem" Ton die gesamtrussische Situation und die kaukasischen Eigenheiten schildert, ringt dem Kritiker höchste Anerkennung ab. Ein grandioser Roman, der schonungslos ist und doch voller "verschmitztem Wohlwollen" steckt, schließt der Rezensent.
Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.11.2016
Fasziniert, aber auch manchmal etwas verloren liest Rezensentin Nina Apin diesen Roman. Was weiß sie schon über Dagestan? Über Stammesbräuche und Waldbrüder? Gott sei Dank gibt es ein Glossar, das vieles erklärt. Und auch das Nachwort von Übersetzerin Christiane Körner fand Apin außerordentlich erkenntnisfördernd. Im Vordergrund steht die Geschichte zweier moderner junger Menschen, die sich den Traditionen nicht entziehen können: Studieren ist ja ganz schön, aber Heiraten und Kinderkriegen wichtiger. Und doch werden in dieser postsowjetischen Gesellschaft, die Autorin Alissa Ganijewa im "Technicolor-Panorama" vor uns ausbreitet, so Apin, die Bräuche nur noch halb erinnert. Zu viel ist zu lange unterdrückt oder von religiösen Fanatikern verzerrt worden. Auf einer zweiten Ebene erzählt Ganijewa deshalb auch von den verschütteten Sufi-Traditionen Dagestans. Alles in allem eine "interessante Lektüre" für Apin.
Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.10.2016
Den deutschen Titel von Alissa Ganijewas zweitem Roman findet Tilman Spreckelsen ein wenig unpassend. Denn hier geht es nicht bloß um "eine Liebe im Kaukasus"; vielmehr zeichnet die Autorin ein konzentriertes Porträt ihres Heimatlandes Dagestan und beleuchtet die Konflikte zwischen den Generationen, Laizismus und Religion und zwischen postsowjetischer Rationalität und dem Festhalten an alten Ritualen, klärt der Kritiker auf. Er liest hier nicht nur, wie sich Islam und Altkommunismus verknüpfen, sondern erfährt auch einiges über die ambivalente Rolle der Frauen, die sich einerseits über private Sexfilme, andererseits über die Rekonstruktion des Hymen unterhalten und sich mit dem Nebeneinander der Werte arrangieren. Die Liebesgeschichte um Patja und Marat, die von ihren Eltern aus unterschiedlichen Gründen zur Heirat gezwungen werden, erscheint dem Kritiker hingegen bisweilen zu konstruiert.
Ilma Rakusa, Neue Zürcher Zeitung
»Nach der Lektüre von Eine Liebe im Kaukasus muss man festhalten: An dieser Autorin führt kein Weg vorbei.«
Moritz Scheper, DIE ZEIT
»Ein moderner Liebesroman, angesiedelt in einer rückständigen, von Volksglauben und Clanstrukturen geprägten Welt.«
Nina Apin, taz. die tageszeitung
»Alissa Ganijewa schreibt urkomisch, absurd und manchmal auch schockierend ... [sie] erzählt auf so liebevolle Art und Weise, dass der Leser zwar den Kopf schüttelt über die patriarchalischen Überzeugungen und abergläubischen Ängste ihrer Protagonisten, aber fasziniert eintaucht in diese archaische Welt ...«
Brigitte 21/2016
»Was sich stellenweise wie eine Beziehungskomödie liest, bildet den Hintergrund für sehr viel Tiefergehenderes ... So gelingt der Autorin mit Eine Liebe im Kaukasus das Kunststück, keine schwarzweiße Problemlektüre abzuliefern, sondern einen nuancenreichen, realistischen, nicht überschwenglich romantischen Roman aus einer unruhigen Weltregion.«
Clemens Hoffmann, SWR
»Alissa Ganijewa gelingt es, den weiblichen und den männlichen Blick, die Siedlung im Kaukasus und die Welt von Moskau, die energischen Mütter mit ihren Heiratsplänen und die verfeindeten Moscheen in dem Dorf in einen spannenden Roman zu fassen.«
Erika Achermann, St. Galler Tagblatt
»Kriegen sie sich trotzdem? Das sei hier nicht verraten. Nicht nur, um das herauszukriegen, lohnt sich dieser stark von Dialogen lebende, von Situationskomik überquellende Liebes- und Gesellschaftsroman von der Südflanke des russischen Reiches unbedingt.«
Martin Ebel, Tages-Anzeiger
»Feinfühlig und mit Blick fürs Detail schildert Alissa Ganijewa das Verhältnis von Tradition und Moderne in einer Siedlung am Kaspischen Meer.«
Melanie Schippling, BÜCHERmagazin 1/2017
4:25 min | 22.9.2016 | 14.55 Uhr | SWR2 - Audio herunterladen (4,05 MB | mp3)
weitere Titel der Autorin bei Lillemors:
Alissa Ganijewa: Die russische Mauer
Suhrkamp Verlag, Berlin 2014
ISBN 9783518424254, Gebunden, 232 Seiten, 22.95 EUR
Aus dem Russischen von Christiane Körner. Schamil, ein junger Dagestaner, der sich nach Verlust seines Verwaltungsjobs als Lokalreporter versucht, trifft die Redaktionskollegen in großer Aufregung an.…
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